Therapie für unheilbare Kinderkrankheit in Sicht

Forschungsprojekt unter Federführung der Universität Kiel und mit Beteiligung der Universitätsmedizin Mainz wird von der EU mit rund 6 Millionen Euro gefördert

29.12.2010

Die seltene Kinderkrankheit Alpha-Mannosidose verursacht beispielsweise Störungen der Geistesentwicklung oder Hörverlust und ist mit einer geringen Lebenserwartung verbunden. Unter der Leitung des Biochemikers Prof. Dr. Paul Saftig von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entwickelt ein europäisches Forschungsteam, an dem unter anderem die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beteiligt ist, im Rahmen des Alpha-Man-Projekts eine Therapie, deren nächste Teststufe mit rund 6 Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert wird. Damit können erstmals klinische Tests am Menschen durchgeführt werden.

Die gefährliche Erbkrankheit Alpha-Mannosidose entsteht durch ein fehlendes Enzym, das krankhafte Ansammlungen von nicht abgebautem Zucker in Zellen verursacht. "Oft erscheinen die betroffenen Kinder bei der Geburt normal, aber ihr Zustand verschlechtert sich zunehmend und es besteht bisher keine Möglichkeit, diese Entwicklung aufzuhalten", erklärt Saftig. "Die Therapie, die in unserem Projekt entwickelt wird, kann die Lebenserwartung und Lebensqualität entscheidend erhöhen."

Das Alpha-Man-Projekt baut auf zwei früheren Projektphasen auf, in denen knapp zehn Jahre lang erst auf Molekülebene geforscht und zuletzt Studien mit Mäusen durchgeführt wurden. Aus diesen Projekten konnte das Enzym Lamazym hergestellt und zum therapeutischen Wirkstoff weiterentwickelt werden. Der Ansatz besteht darin, den neuen Wirkstoff in den Blutkreislauf des Patienten zu bringen. Dort wird es von den Zellen aufgenommen und kann so das fehlende Enzym ersetzen. Bisher verspricht diese Behandlungsmethode den meisten Erfolg.

Eingebunden in das Forschungsprojekt ist auch der Forschungsschwerpunkt Lysosomale Speicherkrankheiten (Villa Metabolica) des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Mainz. Unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Beck ist die Villa Metabolica damit erneut an der Entwicklung eines Medikaments zur Behandlung einer seltenen Krankheit beteiligt. "An der geplanten Studie werden Patienten nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus anderen europäischen Ländern teilnehmen", betont Beck.

Die klinischen Tests an Alpha-Mannosidose-Patienten sollen die Sicherheit und Effizienz der Methode beweisen. Sobald die dreijährige Testphase abgeschlossen ist, so hoffen die Forscherinnen und Forscher, könne die Behandlung allen Betroffenen zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig könnten bei Erfolg grundlegende Erkenntnisse über andere neurodegenerative Krankheiten, also langsam fortschreitende Erkrankungen des Nervensystems, gewonnen werden.

Vorläufer von Alpha-Man war das von 2001 bis 2004 laufende und von der Europäischen Union mit 1,6 Millionen Euro unterstützte Projekt "Euroman". Daran schloss sich das von 2006 bis 2009 laufende "Hue-Man"-Projekt an, für das insgesamt Mittel in Höhe von 3,2 Millionen Euro bereitgestellt wurden und an dem die Universitätsmedizin Mainz ebenfalls teilgenommen hat. Das Projekt ist eine Kooperation von Einrichtungen aus Deutschland, Dänemark, Belgien, England, Frankreich, Norwegen und Polen.