Mainzer Mediziner erforschen Erbkrankheit Alpha-Mannosidose

Studie im Rahmen des EU-Projekts "Human Enzyme Replacement Mannosidosis"

11.05.2007

Das durch die Europäische Union geförderte Projekt "Human Enzyme Replacement Mannosidosis" (HUE-MAN) hat zum Ziel, den Gendefekt der seltenen Erbkrankheit Alpha-Mannosidose mit einem Medikament auszugleichen. Ein Baustein des Projekts ist eine Studie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), in dessen Rahmen sich die beteiligten Mediziner zunächst ein genaues Bild des Krankheitsverlaufs machen und die mannigfaltigen Beschwerden, Symptome und Verläufe der Krankheit systematisch erfassen.

Zu den Charakteristika der seltenen Erbkrankheit Alpha-Mannosidose zählen grobe Gesichtszüge, Störungen in der Sprach- und Geistesentwicklung, Schwächen des Immunsystems sowie Schäden an Knochen und Muskeln. Etwa 400 Menschen, vorwiegend Kinder, sind in Europa davon betroffen. Als Ursache gilt ein Gendefekt, der die notwendige Zerlegung von Abfallstoffen in den Zellen stört. Der Abfallstoff, in diesem Fall der Mannose-Zucker, reichert sich daher in der Zelle an und verstopft diese regelrecht. Muskel-, aber auch Hirnzellen stellen dann ihre Arbeit einfach ein. Die bislang einzige Therapie besteht in der Transplantation von Knochenmark, ohne die heute noch sehr viele dieser Patienten im Alter zwischen zehn und 20 Jahren sterben.

In einem bereits abgeschlossenen EU-Projekt haben Wissenschaftler herausgefunden, dass sich bei erkrankten Mäusen die Abfallansammlung in der Zelle auflöst, wenn man den Tieren das fehlende Enzym regelmäßig spritzt. Darauf baut das europäische Wissenschaftlerteam im aktuellen HUE-MAN-Projekt auf. "Bis ein Medikament entwickelt ist, ist es jedoch noch ein langer Weg", so der Leiter der Projektgruppe, Biochemiker Prof. Dr. Paul Saftig von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, hofft aber, dass die Gruppe in zwei Jahren soweit ist, in die erste klinische Phase einsteigen zu können. Die Aufgaben dafür sind gut verteilt: Die Kieler Wissenschaftler koordinieren das Projekt und entwickeln die Medikamente im Tiermodell. Die Kinderärzte der Villa Metabolica der Universitätsmedizin Mainz, unter ihnen auch Prof. Dr. Michael Beck, haben jetzt eine Studie gestartet, in der sie durch die Untersuchung von Patienten dem Krankheitsverlauf auf der Spur sind. "Mit unserer Studie wollen wir erstmals ein genaues Bild des Krankheitsverlaufs, der Symptomatik und der vielfältigen Beschwerden erhalten. Dies ist auch für die Entwicklung einer späteren Therapie sehr wichtig", betont Beck. "Im Rahmen unserer Studie werden wir insgesamt etwa 20 Patienten intensiv untersuchen."

Die Villa Metabolica gehört zum Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz und ist ein Zentrum für klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen. Sie ist deutschlandweit das führende Zentrum auf dem Gebiet der lysosomalen Speicherkrankheiten, zu denen auch die Alpha-Mannosidose zählt. Prof. Dr. Michael Beck, der bereits bei dem vorangegangenen Projekt mit an Bord war, sieht in dem EU-Projekt "eine große Chance, dass auch für diese lysosomale Speicherkrankheit in Zukunft eine effektive Therapie zur Verfügung stehen wird. Für die Arbeitsgemeinschaft Lysosomale Speicherkrankheiten, die schon an der Entwicklung mehrerer Enzym-Präparate für seltene Stoffwechsel-Krankheiten beteiligt war, heißt das, alle Anstrengungen zu unternehmen, um auch dieses ehrgeizige Vorhaben zum Erfolg zu führen."

Das HUE-MAN Projekt

Fünfzehn Wissenschaftler und ein Pharmaunternehmen aus sechs europäischen Ländern arbeiten gemeinsam an dem EU-Projekt HUE-MAN, das im Juni 2006 mit einem Etat von rund 2,4 Millionen Euro bewilligt wurde. Leiter des Projekts ist der Kieler Biochemiker Prof. Dr. Paul Saftig. Ziel ist die Erforschung der seltenen Erbkrankheit Alpha-Mannosidose. Dabei soll ein Medikament entwickelt werden, das den bei der Krankheit vorliegenden Gendefekt ausgleicht.