Von Klima- bis Menschheitsentwicklung: Eifelmaare liefern einmaliges Geoarchiv für ganz Zentraleuropa

International renommiertes Forschungsprojekt ELSA blickt auf 25 erfolgreiche Jahre zurück

10.10.2024

Vor 25 Jahren ist das Projekt gestartet – heute stellt es ein international herausragendes Geoarchiv dar, das uns über Klima, Umwelt, Vulkanismus und Menschheitsentwicklung der Vergangenheit informiert: das ELSA-Projekt am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). ELSA wurde 1999 von Prof. Dr. Frank Sirocko mit dem Ziel initiiert, die Sedimente der Eifeler Maarseen und Trockenmaare als Geoarchiv zu erschließen. Heute können wir damit weit in die Vergangenheit blicken. "Die Sedimente der Eifelmaare bilden mit ihren Schichten die Ereignisse der vergangenen 130.000 Jahre ab und zwar für jedes einzelne Jahr", erklärt Sirocko. Daran lässt sich etwa zeigen, wie und in welchem Tempo die Warmzeiten der Vergangenheit zu Ende gingen – im Falle der letzten Warmzeit nämlich innerhalb von wenigen Jahren.

ELSA – das Eifel Laminated Sediment Archive

Als das Eifel Laminated Sediment Archive, kurz ELSA, an den Start ging, waren nur drei der heute noch vorhandenen offenen Maarseen im Vulkanfeld der Westeifel bereits durch Bohrungen erschlossen. Die älteren, bereits verfüllten Maarseen waren vor 25 Jahren noch überhaupt nicht mit Forschungsbohrungen untersucht worden. "Mittlerweile sind in den 68 Maarstrukturen der Eifel 55 Bohrungen erfolgt, teilweise bis in 150 Meter Tiefe", berichtet Prof. Dr. Frank Sirocko.

In der 25-jährigen Geschichte haben die Verantwortlichen zahlreiche hochrangige Publikationen über die Forschungsergebnisse veröffentlicht, alle Daten sind über die Internetseite des Projekts für die Öffentlichkeit zugänglich. Eine der wesentlichen Ideen, die Frank Sirocko auch in Buchpublikationen aufgegriffen hat, befasst sich mit der Entwicklung vergangener Warmzeiten und ihrem Ende. Maßgeblich dafür sind die Niederschläge. "Dabei gilt: Der Nordatlantik herrscht über Europa. Jeder Tropfen Regen, der bei uns fällt, kommt aus dem Nordatlantik und seinen Nebenmeeren", erklärt Sirocko – mit einem Hinweis darauf, dass alle großen Änderungen mit den Niederschlägen korrelieren, wohingegen die Temperatur nicht die entscheidende Rolle spielt. Wichtig ist aber, ob sich Wälder ausbreiten. Diese verändern die Landschaftsstruktur vollständig, sie sind entscheidend für die Migration von Wildtierherden und damit die Jagdmethoden der Menschen.

Bioanalysen von alter DNA für besseres Verständnis der letzten 40.000 Jahre

Insbesondere die Entwicklung des Vulkanismus und der Vegetation kann an den Sedimenten der Bohrkerne abgelesen werden. Dabei ist es möglich, jedes einzelne Jahr einer Sedimentschicht zu zählen – eine einzigartige Qualität der ELSA-Sedimente. Pollen, die sich darin finden, geben beispielsweise Aufschluss über die Vegetation, zentimeterdicke Schichten von Vulkanasche zeugen von der Struktur der Vulkanausbrüche in der Eifel. Anhand der Sedimente von nur fünf Maaren können die vergangenen 130.000 Jahre kontinuierlich abgebildet werden.

"Die Eifel steht dabei nicht nur für die Region selbst, sondern für das Klima und die Entwicklungen in ganz Zentraleuropa", erklärt Sirocko. Ihm ist es wichtig, Klima- und Umweltentwicklung nicht losgelöst zu betrachten, sondern die Auswirkungen auf die Menschen zu berücksichtigen. Dazu könnten in Zukunft neue Forschungen beitragen. Voruntersuchungen zeigen, dass mithilfe von Biomarkern und alter DNA aus den Bohrsedimenten die Umwelt der Vergangenheit erfasst werden kann. Zusammen mit Daten aus der Archäologie und Anthropologie können aus den jahresgeschichteten Bohrkernen wirklich innovative Fragen resultieren: Welche Menschen haben wann in Zentraleuropa gelebt? Welche Tiere haben sie gejagt? Wie haben sie sich ernährt? "Diese Forschungen möchte ich gern noch anstoßen", so Sirocko. Der Geologe und Klimaforscher wird sich zum Jahresende 2024 aus dem Tagesgeschäft am Institut für Geowissenschaften der JGU zurückziehen, ist aber als Seniorforschungsprofessor der JGU weiterhin auf dem Gebiet tätig.