Teil III: Einzelhandelsangebot und Einkäufe in Mainz und Wiesbaden im Vergleich
17.08.2011
Das Geographische Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) führt seit 2003 eine Langzeitstudie zur Entwicklung der Stadtzentren von Mainz und Wiesbaden durch. Im Abstand von 2 Jahren befragen Geographiestudierende unter Leitung von Prof. Dr. Günter Meyer in der Mainzer und Wiesbadener City jeweils mehr als 2.000 Passanten nach ihrem Einkaufsverhalten und ihrer Beurteilung der beiden Innenstädte. Im Rahmen der "Stadt der Wissenschaft" fand diese Untersuchung in Zusammenarbeit mit dem Amt für Stadtentwicklung im Juni zum 5. Mal statt. In der Mainzer und Wiesbadener City wurden die Passanten unter anderem gebeten, Schulnoten für das Angebot des Einzelhandels in der City der beiden Landeshauptstädte zu vergeben. Auch wurden sie nach der Häufigkeit ihrer Einkäufe in der Nachbarstadt gefragt.
Bessere Noten für Einzelhandel in beiden Landeshauptstädten
Zwischen 2007 und 2009 hatte sich die Beurteilung des Einzelhandelsangebots in der Mainzer Innenstadt leicht verschlechtert. Die Benotung durch die im dortigen Stadtzentrum befragten Passanten war von 2,46 auf 2,55 gesunken. Die gleiche Durchschnittsnote vergaben auch die in Wiesbaden Befragten. Allerdings war dort der negative Trend der Beurteilung bei einem Vergleichswert von 2,41 im Jahre 2007 sogar noch gravierender.
Benotung des Mainzer Einzelhandels | 2003 | 2005 | 2007 | 2009 | 2011 |
Passanten in Mainzer City | 2,57 | 2,54 | 2,46 | 2,55 | 2,30 |
Passanten in Wiesbadener City | 2,46 | 2,52 | 2,41 | 2,55 | 2,37 |
Dieser deutliche Einbruch vor zwei Jahren ist bei der aktuellen Studie nicht nur überwunden, sondern von einer erheblichen Verbesserung in der Benotung des Einzelhandelsangebots in Mainz abgelöst worden. Mit 2,30 erhält der Einzelhandel in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt die mit Abstand beste Note seit Beginn der Untersuchungsreihe. Ähnliches gilt auch für die Einschätzung durch die in Wiesbaden Befragten, deren Durchschnittsnote für den Mainzer Einzelhandel sich auf 2,37 verbessert hat.
Verglichen mit den Vorgaben aus Mainz fallen die Noten für den Einzelhandel in der Wiesbadener Innenstadt nach Ansicht der dort interviewten Passanten mit 2,50 zwar nicht so gut aus wie in Mainz. Es ist jedoch eine anhaltende Verbesserung der Einzelhandelsbeurteilung seit 2005 festzustellen, als die Durchschnittsnote ihren Tiefstand mit 3,22 erreichte.
Benotung des Wiesbadener Einzelhandels | 2003 | 2005 | 2007 | 2009 | 2011 |
Passanten in Wiesbadener City | 2,72 | 3,22 | 2,83 | 2,72 | 2,50 |
Passanten in Mainzer City | 2,52 | 2,65 | 2,52 | 2,43 | 2,31 |
Der klare Trend zur Aufwertung in der Beurteilung des Einzelhandels in der Wiesbadener City spiegelt sich auch in den Antworten der in Mainz Befragten wider. Diese sind der Meinung, dass sich das Einzelhandelsangebot in Wiesbaden in den letzten sechs Jahren von 2,65 auf 2,31 verbessert hat.
Während die in Mainz Befragten für das Warenangebot in beiden Landeshauptstädten mit 2,30 beziehungsweise 2,31 die nahezu gleiche positive Note vergeben, beurteilen die Wiesbadener das Angebot der dortigen Geschäfte mit der Note 2,50 schlechter als den Einzelhandel in der Innenstadt von Mainz mit 2,37.
Zunahme der Einkäufe in der Nachbarstadt
Anfang der 1990er-Jahre war Wiesbaden als Einkaufsstandort noch wesentlich attraktiver für die Mainzer Bevölkerung als umgekehrt. Dies hat sich bis 1998 erheblich geändert: Weniger Mainzer kauften in Wiesbaden ein, während gleichzeitig die Wiesbadener verstärkt nach Mainz zum Einkaufen kamen. Dadurch stellte sich ein Gleichgewicht zwischen den beiden Landeshauptstädten ein mit jeweils 40 Prozent der Bevölkerung, die auch in der Nachbarstadt einkaufte. Dies zeigte eine Studie der Rhein-Main-Presse:
Einkäufe in der Nachbarstadt | 1991-1993 | 1998 |
Mainzer* kaufen in Wiesbaden ein | 52% | 40% |
Wiesbadener kaufen in Mainz ein | 32% | 40% |
* Erhebungsbasis 250 Haushalte, Quelle: "Einkaufen 98". Studie der Rhein-Main-Presse.
Laut Erhebungen des Geographischen Instituts hatte sich bereits 2003 das 1998 noch ausgeglichene Verhältnis leicht zu Gunsten von Mainz verschoben. Dieser Trend verstärkte sich bis 2005, als 71 Prozent der in Wiesbaden befragten Passanten in Mainz einkauften, während nur 58 Prozent der Mainzer Innenstadtbesucher auch nach Wiesbaden zum Einkaufen fuhren.
Die letzten beiden Untersuchungen zeigen eine deutliche Trendwende bei den Mainzer Passanten. Diese kaufen zunehmend in Wiesbaden ein. Innerhalb der letzten vier Jahre ist der Anteil der in Mainz Interviewten, die auch Kunden des Einzelhandels in der Nachbarstadt sind, von 57 Prozent auf 79 Prozent gestiegen. Ebenso hoch ist auch der Anteil der Wiesbadener Passanten, die in der Mainzer City einkaufen.
Einkäufe in der Nachbarstadt | 2003 | 2005 | 2007 | 2009 | 2011 |
Mainzer Passanten kaufen in Wiesbaden ein | 59% | 58% | 57% | 66% | 79% |
Wiesbadener Passanten kaufen in Mainz ein | 61% | 71% | 69% | 71% | 79% |
Zusammenfassend stellt Meyer fest, dass die Ergebniss des City-Vergleichs eine sehr positive Entwicklung aufweisen: "In den letzten zwei Jahren hat sich in beiden Städten nicht nur das Einzelhandelsangebot aus der Sicht der Kunden verbessert, sondern auch die Einkäufe in der Nachbarstadt haben zugenommen. In dieser Hinsicht hat Mainz seinen Vorsprung vor Wiesbaden verloren, und auch der Abstand bei der Benotung des Einzelhandels wird immer geringer".