Ergebnis internationaler Studie unter Beteiligung der Universitätsmedizin Mainz
05.09.2014
Neue, bisher nicht bekannte Genorte, die mit erhöhtem Augeninnendruck und mit Glaukom assoziiert sind, haben Wissenschaftler des International Glaucoma Genetics Consortium (IGGC) unter Beteiligung der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) entdeckt. Das Forschungsteam der Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz um Dr. René Höhn, PD Dr. Alireza Mirshahi und Prof. Dr. Norbert Pfeiffer analysierte die genetischen Determinationen für erhöhten Augeninnendruck und für die auch als "Grüner Star" bekannte Glaukomerkrankung. Das interessante Ergebnis des in der Fachzeitschrift Nature Genetics veröffentlichten Forschungsprojekts: Die Genorte für diese beiden Augenkrankheiten sind keineswegs alle identisch. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig Diagnose und Therapie der Glaukomerkrankung beeinflussen.
Prof. Dr. Norbert Pfeiffer, Direktor der Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz, freut sich über den Erfolg, an dem die Universitätsmedizin Mainz auch über die Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) beteiligt ist: "Wir sind stolz, dass wir nicht unerheblich zu diesen Ergebnissen beitragen konnten, die nun in einer der renommiertesten Fachzeitschriften erschienen sind – zumal die Glaukomerkrankungen das Hauptforschungsgebiet der Mainzer Augenklinik sind." Die Wissenschaftler haben in einer sogenannten Metaanalyse Daten aus 18 Studien mit insgesamt 35.296 Probanden ausgewertet, darunter die Daten der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz. Die Ergebnisse haben sie wiederum mit weiteren Studien, die genetische Informationen zu Glaukompatienten beinhalten, abgeglichen.
Glaukom ist eine langsam fortschreitende, chronische Erkrankung des Sehnervs und weltweit eine der häufigsten Erblindungsursachen. Meist stellt bei einem Glaukom der erhöhte Augeninnendruck den wichtigsten Risikofaktor dar, weil das sogenannte Kammerwasser, die im Auge gebildete Flüssigkeit, nicht richtig abfließen kann. Allerdings hat die klinische Erfahrung gezeigt, dass nicht alle Patienten mit Glaukom einen erhöhten Augeninnendruck haben und dass wiederum nicht alle Menschen mit erhöhtem Augeninnendruck ein Glaukom entwickeln. "Diese klinische Erfahrung sehen wir durch unsere aktuellen Ergebnisse bestätigt, denn die Analyse hat gezeigt, dass nicht alle Genorte für erhöhten Augeninnendruck und Glaukom identisch sind", so Pfeiffer.
Solche genetischen Studien sind nach Einschätzung der Autoren wertvoll, weil sie möglicherweise neue Wege für Diagnose und Behandlung eines Glaukoms aufzeigen könnten. Ein Sehnervenschaden ist anfänglich nicht leicht aufzudecken. Daher ist es schwierig, Patienten zu identifizieren, die ein Glaukom entwickeln, gerade dann, wenn sie eben keinen erhöhten Augeninnendruck aufweisen. Wiederum könnten diejenigen Patienten, die bei erhöhtem Augeninnendruck tatsächlich gefährdet sind, ein Glaukom zu entwickeln, besser als solche erkannt und rechtzeitig behandelt werden. Bei der Identifizierung der gefährdeten Patienten könnte die Kenntnis der jetzt gefundenen Genorte zukünftig eine große Rolle spielen.
In Deutschland leiden etwa 800.000, meist ältere Menschen an einem Glaukom. Es gibt verschiedene Gruppen und Formen dieser Augenerkrankung. Ihnen allen ist gemein, dass sie unbehandelt den Sehnerv schädigen. Die Augeninnendrucksenkung ist derzeit die einzig effektive Therapie zur Stabilisierung der Glaukomerkrankung. Die Erkrankung verläuft in der Regel schmerzlos und anfangs ohne Symptome. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Einschränkungen des Gesichtsfelds. Leidet der Betroffene bereits unter Symptomen, sind die Sehnervenfasern schon unwiederbringlich geschädigt. Im schlimmsten und nicht seltenen Fall führt das Glaukom zur Erblindung.
Die Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS) ist eine interdisziplinäre, populationsbasierte, prospektive, monozentrische Kohorten-Studie, die seit dem Jahr 2007 an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) durchgeführt wird. Im Rahmen der Studie werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Augenerkrankungen, metabolische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Immunsystems und der Psyche untersucht. Ziel der Studie ist es, die individuelle Risikovorhersage für diese Erkrankungen zu verbessern. Hierzu werden Lebensstil, psychosoziale Faktoren, Umwelt, laborchemische Parameter sowie das Ausmaß der subklinischen Erkrankung berücksichtigt. Eine umfangreiche Biomaterialbank ermöglicht molekularbiologische Untersuchungen, unter anderem auch in einem systembiologischen Ansatz. Im Rahmen der Basisuntersuchung wurden 15.010 Teilnehmer im Alter von 35 bis 74 Jahren zu einem fünfstündigen Untersuchungsprogramm in das Studienzentrum eingeladen. Nach zweieinhalb Jahren wird ein Computer-assistiertes Telefoninterview (CATI) mit einem standardisierten Interview sowie einer Erhebung von auftretenden Erkrankungen und Beschwerden durchgeführt. Alle Endpunkte werden einer eingehenden Validierung unterzogen. Im April 2012 hat eine erneute ausführliche Nachfolgeuntersuchung der Teilnehmer fünf Jahre nach Einschluss in die Studie im Studienzentrum ähnlich der Eingangsuntersuchung begonnen. Weitere Untersuchungen zur Nachverfolgung der Kohorte sind geplant.