Mainzer Doktorand forscht in Tokio zur japanischen Besatzungspolitik in Südostasien im Zweiten Weltkrieg

Takuma Melber muss Forschungsaufenthalt an der Waseda Universität aufgrund der aktuellen Ereignisse in Japan vorerst unterbrechen

13.04.2011

Mit einem Rotary Ambassadorial Scholarship in der Tasche hatte sich Takuma Melber im September 2010 nach Japan aufgemacht, um die Forschungen für seine Dissertation mit dem Arbeitstitel "Die japanische Besatzungspolitik in Südostasien, 1942-1945" voranzutreiben. Am Institute of Asia-Pacific Studies an der Waseda Universität in Tokio erwarteten Melber hervorragende Arbeitsbedingungen wie der Zugang zur Nishijima Collection, einer in den Archiven der Waseda Universität lagernden Quellenedition, sowie der wissenschaftliche Austausch mit japanischen Historikern und auch einigen Zeitzeugen. Bereits in seiner im Jahr 2009 abgeschlossenen und mit dem Wilhelm-Deist-Preis ausgezeichneten Magisterarbeit schrieb Melber über "Die japanische Besatzung der malaiischen Halbinsel und Singapurs, 1942-1945: Kollaboration und Widerstand". In Tokio angekommen, nutzte Melber die Einrichtungen und Netzwerke vor Ort, um seine Forschungen voranzutreiben. "Die Waseda Universitätsbibliothek verfügt über eine Menge interessanter Schriftstücke und Aufzeichnungen, vor allem Sekundärliteratur und weiterführende Quelleneditionen zu meinem Forschungsthema. Darüber hinaus habe ich in Professor Kenichi Goto, meinem wissenschaftlichen Betreuer an der Waseda Universität, nicht nur einen überaus kompetenten, sondern auch sehr freundlichen und hilfsbereiten Gesprächspartner gefunden", so Takuma Melber. "Doch interessiert mich natürlich nicht nur der Gegenstand meiner Forschung. Auch wenn ich mich als Halbjapaner mit japanischen Gewohnheiten, Sitten und Traditionen bereits vertraut fühle und wohl tatsächlich auch bin, wie mir zu meiner Freude vor Ort von japanischer Seite bestätigt wurde, kann ich während meines Auslandsaufenthalts sicherlich meine Kenntnisse über die Geschichte, Gesellschaft, Kultur und Mentalität Japans vertiefen und erweitern", erzählt der 28-Jährige.

Der dem schweren Beben am 11. März 2011 unmittelbar folgende verheerende Tsunami und die damit einhergehende Verwüstung im Nordosten der japanischen Insel Honshū, insbesondere aber die Schäden am Atomkraftwerk Fukushima und die von dort ausgehende radioaktive Bedrohung führten für Takuma Melber eineinhalb Wochen nach dem Unglück zu der Entscheidung, seinen Forschungsaufenthalt in Japan vorerst zu unterbrechen und nach Deutschland zurückzufliegen. "Ich habe das Erdbeben am 11. März in meinem Zimmer im siebten Stock des Wohnheims für Visiting Researchers erlebt. In Japan sind Erdbeben nichts Ungewöhnliches - jeder Japaner weiß, wie man sich verhalten soll", erklärt Melber. "Als ich dann aber wenig später erste Berichte über das Ausmaß des Erdbebens und die Zerstörung durch die Tsunamiwelle im Fernsehen sah, war sofort klar, dass das nicht eines der üblichen 'kleinen', sondern ein außergewöhnlich starkes Beben war. Nach einigen Tagen habe ich in Rücksprache mit meinen Eltern, meinem Stipendiengeber - der Rotary Foundation - und meinen Betreuern im Office of International Research Promotion an der Waseda Universität entschieden, erst einmal nach Deutschland zurückzukehren - eine Entscheidung, die mir alles andere als leicht gefallen ist. Zumal derzeit noch unklar ist, wann ich nach Tokio zurückkehren kann", so Melber. "Ich hoffe aber, meine Studien in Japan Anfang Mai wieder aufnehmen und schließlich auch am 25. und 26. Juni auf der Asian Studies Conference Japan 2011 in Tokio referieren zu können. Im Moment kann ich erst einmal nur die weitere Entwicklung am AKW abwarten, die Nachrichten aus Japan aufmerksam verfolgen und den Kontakt mit japanischen Freunden, Verwandten und Kollegen vor Ort aufrechterhalten. Früher oder später werde ich aber eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung treffen müssen. Ich wünsche mir natürlich, schnellstmöglich nach Tokio zurückkehren zu können."

Takuma Winfried Melber, 1983 in Schwäbisch Hall geboren, nahm im Sommersemester 2003 sein Studium der Mittleren und Neueren Geschichte im Hauptfach, der Alten Geschichte und Soziologie im Nebenfach an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz auf. Seit dem 1. Oktober 2009 arbeitet er an seiner Dissertation, die von Professor Dr. Sönke Neitzel vom Historischen Seminar der Universität Mainz betreut wird. Melber war bereits als Fachberater für die ZDF-Redaktion Zeitgeschichte ("ZDF-History: Japans Krieg - in Farbe") tätig. Er ist Mitglied des Arbeitskreises Militärgeschichte e.V., des Deutschen und Internationalen Komitees für die Geschichte des Zweiten Weltkriegs sowie der Siebold-Gesellschaft e.V.