Ute Hellmich erhält Exploration Grant zur Erforschung essenzieller Membranproteine von Parasiten

Boehringer Ingelheim Stiftung fördert innovative Forschungsideen / Vernachlässigte Tropenkrankheiten im Fokus

28.05.2020

Die sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten verursachen in den ärmeren Ländern der Erde großes Leid und teilweise auch hohe ökonomische Verluste zum Beispiel durch den Befall von Tierherden. Der Begriff fasst etwa 20 verschiedene Erkrankungen zusammen, die hierzulande teilweise nur sehr wenig bekannt sind. Schätzungen zufolge leiden zwei Milliarden Menschen weltweit an einer vernachlässigten Tropenkrankheit, viele sterben an den Folgen. Vor diesem Hintergrund beginnt Prof. Dr. Ute Hellmich von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ein neues Forschungsprojekt, das sich mit der Rolle von Ionenkanälen in Parasiten beschäftigt. Einige dieser Krankheitserreger können eine der vernachlässigten Tropenkrankheit wie die Afrikanische Schlafkrankheit oder die Chagas-Krankheit auslösen. Hellmich erhält dazu einen Exploration Grant der Boehringer Ingelheim Stiftung. Die Auszeichnung wird an exzellente junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Biologie, Chemie und Medizin vergeben, um eine neue, risikoreiche Forschungsrichtung einzuschlagen.

Zwei Forschungsrichtungen werden verknüpft

In dem neuen Projekt kombiniert Prof. Dr. Ute Hellmich zwei Ansätze, die sie seit der Etablierung ihres Labors in Mainz verfolgt hat. Dies ist zum einen die Erforschung menschlicher Kalzium-Ionenkanäle, die bei verschiedenen Krankheiten und Immunreaktionen eine Rolle spielen. Zum anderen handelt es sich um Untersuchungen an dem Parasiten Trypanosoma brucei, der die Afrikanische Schlafkrankheit verursacht. "Wir wollen herausfinden, ob es zwischen den Strukturen solcher Ionenkanäle in den Parasiten und im Menschen Ähnlichkeiten oder Unterschiede gibt", erklärt Hellmich. "Es wäre natürlich schön, wenn wir Unterschiede finden könnten, die vielleicht ein neues Ziel für pharmakologische Wirkstoffe bieten." Wenn eine bestimmte Struktur nur in den Parasiten vorkommt, nicht aber beim Menschen, könnten Wirkstoffe hier angreifen, ohne dass von vornherein mit schweren Nebenwirkungen zu rechnen wäre.

Bei Ionenkanälen handelt es sich um Membranproteine, die den Durchlass für Ionen in eine Zelle oder in Zellorganellen steuern. Im Menschen sind solche Proteine unerlässlich und auch für das Überleben der Parasiten in einem Wirt sind bestimmte Ionenkanäle essenziell. "Wenn wir die Struktur dieser Ionenkanäle aufklären und ihre Funktion verstehen, können wir sie mit dem menschlichen Membranprotein vergleichen", sagt die Wissenschaftlerin. "Neben ihrer medizinischen Bedeutung haben diese Parasiten auch eine faszinierende Biochemie, die in Teilen noch nicht ausreichend verstanden ist. Genau an dieser Schnittstelle greift unser Ansatz an."

Förderung der Boehringer Ingelheim Stiftung für herausragende Nachwuchswissenschaftler

Die Boehringer Ingelheim Stiftung stellt für die Forschungen in den kommenden zwölf Monaten rund 80.000 Euro bereit. "Ich freue mich besonders über die Auszeichnung mit einem Exploration Grant, weil wir damit zwei Bereiche, die uns in der Arbeitsgruppe schon länger faszinieren, nun auf eine kreative Art und Weise kombinieren können." Prof. Dr. Ute Hellmich weist darauf hin, dass Krankheiten wie die Afrikanische Schlafkrankheit oder Chagas die Ärmsten der Armen in tropischen und subtropischen Regionen betreffen. Im Fall der Afrikanischen Schlafkrankheit führt eine Nichtbehandlung unweigerlich zum Tod, während die wenigen Medikamente zum Teil sehr schwere Nebenwirkungen haben. Die Chagas-Krankheit ist die Hauptursache für Herzversagen in den endemischen Gegenden in Lateinamerika. Insgesamt sind etwa 10 Millionen Menschen mit dem Erreger Trypanosoma cruzi infiziert. Allerdings muss damit gerechnet werden, dass die vernachlässigten Tropenkrankheiten nicht auf Dauer an den Grenzen der Kontinente haltmachen. "Aufgrund des Klimawandels ist absehbar, dass uns künftig auch in Mitteleuropa häufiger, als uns lieb ist, Tropenkrankheiten begegnen werden", erwartet die Nachwuchswissenschaftlerin.

Die Boehringer Ingelheim Stiftung ist eine rechtlich selbstständige, gemeinnützige Stiftung und fördert die medizinische, biologische, chemische und pharmazeutische Wissenschaft. Errichtet wurde sie 1977 von Hubertus Liebrecht, einem Mitglied der Gesellschafterfamilie des Unternehmens Boehringer Ingelheim. Sie fördert bundesweit exzellente unabhängige Nachwuchsforschergruppen mit ihrem Perspektiven-Programm "Plus 3" und den "Exploration Grants". Mit den Exploration Grants möchte sie herausragenden Grundlagenforschern die Möglichkeit geben, neue Forschungsrichtungen auszuloten – und dies früh in ihrer Karriere. Nachwuchsgruppenleiter können damit neuen Ideen oder überraschenden Ergebnissen nachgehen, die das Potenzial haben, das eigene Forschungsprofil zu ergänzen oder neu auszurichten. Außerdem dotiert die Stiftung den international angesehenen Heinrich-Wieland-Preis sowie Preise für Nachwuchswissenschaftler und fördert von 2009 bis 2027 das Institut für Molekulare Biologie (IMB) an der Universität Mainz mit insgesamt rund 154 Millionen Euro. Seit 2013 fördert sie zusätzlich für zehn Jahre die Lebenswissenschaften an der Universität Mainz mit weiteren 50 Millionen Euro.