Studie mit 1.500 Anhängern des 1.FC Köln untersucht Erfolg von Merchandisingprodukten / Deutliche Unterschiede zu anderen Konsumgütern
28.10.2003
Fußball ist Volkssport Nummer eins in Deutschland. Über 100 Jahre nach seiner Geburtsstunde und 40 Jahre nach seiner Professionalisierung ist Fußball in Form der Bundesliga zum Mega-Event und damit zum Wirtschaftsunternehmen geworden. Entsprechend ist heutzutage auch im Fußball von Brand Names, Equity Story und Cross Selling die Rede. Mit dem Druck, international am Ball zu bleiben, wächst auch der Kapitalbedarf der Fußball-Unternehmen. Investitionslücken, die vor allem durch hohe Spielergehälter und Ablösesummen entstehen, sind längst nicht mehr durch den Verkauf von Eintrittskarten zu schließen. Die Vereine brauchen Kapital. Borussia Dortmund ging – als bisher einziger Fußballverein Deutschlands – an die Börse. In vielen Fällen ist das Stadion eine zusätzliche Einnahmequelle. Multifunktionale Stadien wie die neue Arena "Auf Schalke" bedeuten nicht nur einen Imagegewinn, sondern sichern durch die Vermietung an andere Veranstalter wichtige Zusatzeinnahmen. Mancher Verein wagt sich mit seiner Diversifikationsstrategie sogar auf weniger fußballaffines Terrain. So betreibt Borussia Dortmund ein Reisebüro, der FC Bayern München verkauft Versicherungen im Schulterschluss mit der Allianz. Als schon fast traditionelles Standbein zur Finanzierung des Spielbetriebs gilt zudem das Merchandising. In Topvereinen basieren auf dieser Finanzierungsquelle mittlerweile fast durchschnittlich 20 Prozent des Umsatzes. Es gibt jedoch auch Vereine, die diese Quelle weitaus stärker zur Finanzierung heranziehen. Seit beispielsweise Florentino Pérez vor zwei Jahren die Präsidentschaft bei Real Madrid übernommen hat, entwickelt sich der Verein immer mehr zu einer Merchandisingmaschine. Mit dem soeben erworbenen englischen Superstar David Beckham hofft der Spanier demnächst 400 Millionen Euro an Einnahmen verbuchen zu können.
Vor diesem Hintergrund wurde am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (ABWL) und Marketing I der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eine Studie erstellt, um am Beispiel des 1.FC Köln herauszufinden, welche Kriterien bei der Programmplanung der Merchandisingartikel für das Management wichtig sind. Merchandising heißt in diesem Zusammenhang nichts anderes, als dass die Markenstärke des Vereins und einzelner Spieler zum Abverkauf anderer Produkte genutzt wird. Als Einflussgrößen für die Programmplanung interessierten daher der Fit zwischen Merchandisingartikel und Leistung der Muttermarke (1.FC Köln), die Qualität der Muttermarke, die Relevanz der transferierten Assoziationen sowie die Identifikation mit der Muttermarke. Als Stichprobe diente die Fangemeinde des 1.FC Köln. An der Studie nahmen 1.500 Personen teil.
Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere der Fit zwischen Merchandisingartikel und Leistung der Muttermarke den mit Abstand größten Erklärungsbeitrag für den Erfolg aufweist. "Verglichen mit ähnlichen Studien aus dem Konsumgütersektor besitzt dieser Erfolgsfaktor jedoch hier eine fast doppelt so hohe Bedeutung", so Prof. Dr. Frank Huber, Inhaber des Lehrstuhls für ABWL und Marketing I. "Damit ist der Fit mit weitem Abstand die zentrale Größe für den erfolgreichen Abverkauf eines Merchandisingprodukts.“ Dass Produkt und Marke 1.FC Köln zusammenpassen, ist demnach für die Befragten der alles entscheidende Grund, ob sich ein Merchandisingartikel zum Renner in der Fangemeinde entwickelt. Für den Erfolg des Merchandisingprogramms spielen die transferierten Assoziationen die zweitbedeutsamste Rolle. Im Vergleich zu bisherigen Studien, bei denen überwiegend Konsumgüter im Mittelpunkt standen, übt dieser Faktor einen deutlich höheren Einfluss auf das Gelingen der Vermarktung von Fanartikeln aus. "Fußballclubs sei daher angeraten, bei der Zusammenstellung der Produkte, die vermarktet werden sollen, unbedingt die Assoziationen, die dieser Artikel beim Nachfrager weckt, zu überprüfen", so Huber. Stehen diese nicht im Einklang mit denen, die der Verein zum Ausdruck bringt, dürfte sich das Merchandisingprodukt zum Ladenhüter entwickeln.
Eine eher untergeordnete Rolle für den Erfolg des Merchandisingprogramms spielt hingegen die Qualität. Dieses Ergebnis deckt sich mit der geäußerten Vermutung, dass die Qualität der Fanartikel für den Fußballfan nicht in erster Linie von Bedeutung ist. "Für ihn spielt vielmehr der abstrakte Nutzen des erworbenen Fanartikels die entscheidende Rolle", so Huber weiter.
Überraschend ist die Feststellung, dass die Identifikation mit der Muttermarke keinen signifikanten Einfluss auf den Markentransfererfolg hat. Dies heißt nichts anderes, als dass die Identifikation des Fans mit seinem Verein für den Erfolg eines Produkts nicht entscheidend ist. Egal ob der FC als Lebensinhalt oder nur Zeitvertreib gesehen wird, den Erfolg eines Merchandisingartikels beeinflusst dies nicht. Dieses Ergebnis dürfte die Verantwortlichen besonders glücklich machen, heißt dies doch nichts anderes, als dass jeder, der den FC kennt, als potenzieller Käufer eines Merchandisingartikels infrage kommt.