Kognitiv-verhaltenstherapeutische Kurzzeittherapie bei somatoformen Störungen
03.03.2011
Die Patientin leidet seit geraumer Zeit unter Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, abwechselnd Verstopfung und Durchfall. Zuerst erklärt sie sich die Symptome mit einem Virus. Als die Beschwerden jedoch nicht abklingen, konsultiert sie ihren Hausarzt. Er bittet sie, Ernährungsprotokolle auszufüllen und auf Milch zu verzichten, da Milch häufig derartige Beschwerden auslöse. Zudem solle sie eine Stuhlprobe abgeben, die, wie sie zwei Wochen später von ihrem Hausarzt erfährt, unauffällig sei. Auch die Ernährungsprotokolle geben keine Hinweise auf Zusammenhänge zwischen Ernährung und Beschwerdeintensität. Der Hausarzt schickt sie zum Gastroenterologen, um Nahrungsmittelunverträglichkeiten mittels Atemtests auszuschließen und um eine Magen-Darm-Spiegelung durchzuführen, doch beide Untersuchungen bleiben ohne körperlichen Befund. Die junge Frau fühlt sich erleichtert und hilflos gleichzeitig. Wie kann es sein, dass die körperlichen Untersuchungen ohne Befund sind, obwohl sie deutlich spürt, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmt? Sie sucht den Rat eines weiteren Arztes. Dieser erklärt ihr, dass derartige Körperbeschwerden häufig durch Stress ausgelöst werden und rät ihr, sich an einen Psychotherapeuten zu wenden.
Wie dieser Frau geht es vielen Menschen. In den westlichen Industrieländern haben 80 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal pro Woche eines oder mehrere körperliche Symptome, die nicht auf eine medizinische Ursache zurückgeführt werden können. Meist treten diese nur für kurze Zeit auf, aber bei etwa 22 Prozent der Betroffenen halten die Beschwerden an und lösen zum Teil großes Leid und schwere Beeinträchtigungen aus. Etwa zehn Prozent der Männer und etwa zwei Prozent der Frauen leiden wenigstens einmal in ihrem Leben unter andauernden unklaren Körpersymptomen.
Experten sprechen beim Vorliegen solcher Beschwerden von einer somatoformen Störung. Dieser Störungsgruppe zugehörig sind die undifferenzierte Somatisierungsstörung und die Schmerzstörung. Beide Störungsbilder sind durch Körperbeschwerden gekennzeichnet, die nicht oder zumindest nicht ausreichend medizinisch erklärbar sind. Es handelt sich hier um Ausschlussdiagnosen. Wenn nach organischer Abklärung kein erschöpfender Befund vorliegt, so wird diese Diagnose vergeben. Meist gelangen die Betroffenen nicht zum Psychotherapeuten. Es folgt eine regelrechte Odyssee von Arztbesuchen und die Ratlosigkeit wird immer größer.
Hilfe finden Betroffene an der Poliklinischen Institutsambulanz für Psychotherapie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Hier besteht ein Schwerpunkt für somatoforme Störungen. Interessenten bekommen in der Regel schnell einen Termin für ein Erstgespräch, bei dem erklärt wird, inwiefern eine Psychotherapie helfen könnte. Entscheiden sie sich für eine Therapie, übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Behandlung. In den Einzelstunden lernen die Betroffenen dann, wie sie ihre Beschwerden beeinflussen und besser mit ihnen umgehen können. Die Poliklinische Institutsambulanz für Psychotherapie hat für die Behandlung von unklaren Körperbeschwerden eine sogenannte kognitiv-verhaltenstherapeutische Kurzzeittherapie entwickelt, die nach Auswertung der bisher vorliegenden Daten sehr vielversprechend ist: Insbesondere der Umgang mit den Körperbeschwerden weist deutliche Verbesserungen auf.
Betroffene können sich an die Poliklinische Institutsambulanz für Psychotherapie unter der Telefonnummer 06131 39-39100, Stichwort "SOMA", wenden.