Plantation-Hopping und koloniales Flair

Eintrag vom 14.10.2011

Bei ungemütlichem Nieselwetter brachen wir zum James River und den dort gelegenden Plantagen, die auf die Kolonialzeit zurückgehen, auf. Unsere Anfangsstation war die Shirley Plantation, die erste und daher wohl auch wichtigste Plantage. Sir Thomas West, Baron de la Warr, erhielt die Ländereien am James River im Jahre 1613 von König James I. und benannte sie nach seiner Frau. Das Gutshaus wurde 1738 fertiggestellt und befindet sich nun in der 11. Generation im Besitz der Familie Carter Hill. Das berühmteste Mitglied dieser Familie ist Robert King Carter, dessen Reichtum sich mit dem des Königs von England messen konnte und dessen Ländereien sich vom Atlantik bis zum Ohio River erstreckten. Auf dieser Plantage wird die Geschichte der Sklaverei durch wechselnde Ausstellungen aufgearbeitet. Dabei stellt sich manchmal heraus, dass diese Art von Ökonomie nicht wirtschaftlich war, sodass viele Sklavenbesitzer völlig verarmt starben. Außerdem war Sklaverei nicht der einzige Grund für den Civil War, sondern auch die unterschiedlichen, regional geprägten Vorstellungen von Politik und Wirtschaft, die das Land spalteten.

Berkeley Plantation,
Heimat der Harrisons
Foto: Miriam Strieder
Westover Plantation,
Wohnsitz von William
Byrd I-III
Foto: Miriam Strieder

Als nächstes besuchten wir die Berkeley Plantation, Wohnsitz von einem der Unterzeichner der Unabhänigigkeitserklärung (Benjamin Harrison V.) und zwei Präsidenten der USA – William Henry Harrison und seinem Enkel Benjamin Harrison. Traurigen Rekord hält William Henry im Präsidentenamt – er starb schon am 32. Amtstag, was ihn zum Präsidenten mit der kürzesten Amtszeit macht. Sowohl Shirley als auch Berkeley sind, auch wenn sie für die Öffentlichkeit zugänglich sind, weiterhin bewohnt – im Gegensatz zu unserer letzten Station Westover, einer weiteren Plantage im georgianischen Stil, die wir leider nur von außen besichtigen konnten. Westover war Heimat der Familie Byrd. William Byrd II, Mitglied des Virginia House of Burgesses, führte ein Tagebuch, das teilweise sehr intime Einblicke in das Leben von vor ca. 300 Jahren gewährt.

Shirley Plantation, Anwesen der Familie
Carter Hill
Foto: Miriam Strieder
Captain John Smith, Jamestown
Foto: Karl Ortseifen

Am letzten Tag unseres Aufenthalts tauchten wir noch tiefer in die Kolonialgeschichte ein. Die älteste permanente britische Siedlung auf nordamerikanischem Boden ist Jamestown (1607). Eine der wohl bekanntesten Persönlichkeiten dieser Siedlung ist Captain John Smith, der den meisten aus dem Disneyfilm "Pocahontas" bekannt ist, in dem er allerdings nicht historisch korrekt dargestellt wird. Er etablierte den Grundsatz "No Work, No Food", was bedeutete, dass Standesunterschiede und Adelsprivilegien aufgehoben wurden - wer nicht arbeitete, bekam nichts zu essen.

Die ersten männlichen Siedler kamen mit den Schiffen Godspeed, Discovery und Susan Constant. Nachdem sie die Schiffe verlassen hatten, begann das harte Leben auf neuem Boden: Als Trinkwasser stand nur Brackwasser zur Verfügung, Krankheiten wie Malaria grassierten, die Nahrung war größtenteils verdorben. Hinzu kamen Konflike mit Native Americans. Heute ist Jamestown einerseits ein großzügig angelegtes Freilichtmuseum mit Nachbauten der Schiffe, des Forts und einem Indian Village und andererseits archäologische Fundgrube mit Museum. Hier befand sich auch das Statehouse, in dem die Gesetzgebung stattfand. Seine Grundmauern sind noch sichtbar. Nachdem das Statehouse in der Bacon Rebellion und nochmals 1698 niedergebrannt war, wurde das House auf Burgesses in die zentraler gelegene Middle Plantation, die später in Williamsburg (nach William III.) umbenannt wurde, verlegt. Diese Planstadt ist heute ebenfalls ein Freilichtmuseum, in dem man 88 Originalgebäude bestaunen kann. Das Leben von damals wird durch viele zeitgenössische Kostüme, Läden und Einrichtungen lebendig.

Die Stadt wird durch die Duke of Glouchester Street strukturiert, an deren Ostende das Capitol und an deren Westende das College of William and Mary, die zweitälteste Hochschule der USA nach Havard, liegt. Dieses College wurde 1693 von Mary II. gegründet, um die Ausbildung anglikanischer Geistlicher in der Mid-Atlantic region zu fördern. Berühmte Studenten dieses Colleges waren James Monroe und Thomas Jefferson. Wir besuchten den Campus und das angegliederte Omohundro Institute of Early American History, wo wir Einblicke in das traditionsreiche William and Mary Quarterly (seit 1892) und die Publikationen der letzten 20 Jahre erhielten. Für unser Farewell Dinner suchten wir uns ein Restaurant im historischen Stadtkern von Williamsburg aus, das Four Seasons, in dem wir das Zusammensein mit unseren Dozenten und unserem Busfahrer Richard genossen. Bevor wir unsere Rundreise am Dulles International Airport beendeten, statteten wir noch dem historisch bedeutsamen Frederickburg einen Besuch ab.

Govener`s Palace, Williamsburg
Foto: Karl Ortseifen
Farewell Dinner im Four Seasons
Williamsburg

Foto: Karl Ortseifen

Autorinnen: Anna Katharina Sinn, Miriam Strieder, Ana Volkland

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