Made in Germany, big in Japan: Pixel-Vertex-Detektor in Belle-II-Experiment installiert

Arbeitsgruppe von Concettina Sfienti am Institut für Kernphysik an Gestaltung und Konstruktion beteiligt

05.09.2023

Nach jahrelanger Entwicklungsarbeit wurde der neue Pixel-Vertex-Detektor (PXD2) im internationalen Belle-II-Experiment am Elektron-Positron-Beschleuniger SuperKEKB in Japan erfolgreich installiert. An der Gestaltung und Konstruktion war auch die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Concettina Sfienti vom Institut für Kernphysik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit wichtigen Beiträgen beteiligt. Die Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Teile der Steuerungssoftware programmiert, die Datenüberwachung in Echtzeit umgesetzt und Sensormodule am Mainzer Beschleuniger MAMI getestet.

Der Pixel-Vertex-Detektor (PXD2) ist gerade einmal so groß wie eine Getränkedose und bildet die innerste Detektorlage des internationalen Belle-II-Experiments am japanischen SuperKEKB-Beschleuniger. Er umgibt das Strahlrohr und liegt aufgrund seiner sehr kompakten Bauform nur 1,4 Zentimeter vom Kollisionspunkt entfernt. Hier kann er 50.000 hochaufgelöste Bilder pro Sekunde liefern. So lässt sich der genaue Zerfallsort kurzlebiger Teilchen, insbesondere B-Mesonen, sehr genau bestimmen und die Zerfallsprodukte können hochpräzise erfasst werden. B-Mesonen entstehen, wenn Elektronen und Positronen im SuperKEKB-Beschleuniger kollidieren. In Kombination mit der hohen Kollisionsrate können somit fundamentale Phänomene wie beispielsweise die CP-Verletzung sehr detailliert untersucht werden – mit dem Ziel, das Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im Universum zu verstehen.

Die Zerfallsprodukte der B-Mesonen sind relativ niedrig-energetisch und werden in ihrem Durchgang durch Materie leicht gestört. Daher müssen die ersten Detektorelemente des Belle-II-Detektors so dünn wie möglich sein: So besteht PXD2 aus insgesamt 20 Pixeldetektoren – 75 Mikrometer dünnen Siliziummodulen, die lediglich so dick sind wie ein menschliches Haar. Sie basieren auf der DEPFET-Technologie, die auch bei Satellitenexperimenten eingesetzt wird.

Der Detektor fliegt Business Class

Bereits 2018 wurde eine erste, noch unvollständige Version des PXD am Belle-II-Experiment installiert. Er hat bereits wertvolle Resultate geliefert, aber erst die neue und vollständige Version ist in der Lage, mit der hohen Luminosität umzugehen, die in den nächsten Jahren im SuperKEKB erreicht werden soll.

Durch die extrem dünnen Detektoren ist PXD2 besonders fragil und extrem empfindlich in der Handhabung, weshalb der Transport nach Japan sehr aufwendig war: Zunächst musste der empfindliche Detektor über normale Verkehrsstraßen von seinem Montageort am Max-Planck-Institut für Physik in München zum DESY in Hamburg überführt werden, um dort kritische Funktionsprüfungen und Optimierungen der Detektorparameter vornehmen zu können.

Nach der erfolgreichen Testphase wurde der neu montierte Detektor auf seine nächste Reise geschickt – dieses Mal viele tausende Kilometer ostwärts, nach Japan. Die Flugreise wartete mit neuen Herausforderungen auf: Unerwartete Turbulenzen und unsachgemäße Lagerung während des Transits hätten leicht einen der empfindlichen Siliziumsensoren zerbrechen können. Um gegen solche Gefahren gewappnet zu sein und Vibrationen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, wurde der Detektor speziell verpackt, reiste in der Business Class und bekam so genug Platz auf einem eigenen Sitz.

Zum Jahreswechsel nimmt der PXD2 seine Arbeit auf

Gut in Japan angekommen, begann die Installation und Inbetriebnahme. Besonders wegen des sehr limitierten Raumvolumens innerhalb des Belle-II-Detektors war der Einbau eine extrem herausfordernde Aufgabe, die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen Detektorgruppen verlangte – und nun erfolgreich gemeistert wurde. "Der neue Detektor soll Anfang 2024 mit der Datennahme beginnen", freut sich die Mainzer Physikerin Prof. Dr. Concettina Sfienti, die mit ihrer Arbeitsgruppe an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wichtige Beiträge bei der Entwicklung des PXD geleistet hat. "Nicht nur die Echtzeitüberwachung der Datenqualität wurde unter Mainzer Federführung umgesetzt, wir haben auch wichtige Bereiche der Software zur Steuerung des PXD2 programmiert und Sensormodule an unserem Elektronenbeschleuniger MAMI auf Strahlenhärte getestet", ergänzt Dr. Matthias Hoek, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Sfienti.

PXD2 ist Teamwork

An der Gestaltung und Konstruktion des PXD2 waren das DESY, das Max-Planck-Institut für Physik und das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft, beide in München, die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Technische Universität München, die Universität Bonn, die Universität Gießen, die Universität Göttingen, die Universität Mainz und das Karlsruher Institut für Technologie sowie weitere Institute aus Spanien und der Tschechischen Republik beteiligt.

Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle-II-Experiment werden mit Finanzmitteln folgender Einrichtungen und Programme gefördert:

  • Alexander von Humboldt-Stiftung
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), insbesondere im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:
    • "ORIGINS": EXC-2094 – 390783311
    • "Quantum Universe": EXC-2121 – 390833306
  • European Research Council
  • European Union's Horizon 2020 – grant agreement No 822070
  • Helmholtz-Gemeinschaft
  • Max-Planck-Gesellschaft