Größtes E-Learning-Projekt für Filmer und Mediengestalter steht vor dem Abschluss

"movii" bietet völlig neue Form vernetzten Lernens

18.03.2003

An sechs Universitäten und Fachhochschulen der Bundesrepublik wird seit zwei Jahren intensiv an einem computergestützten Lernprogramm für die Film- und Mediengestaltung gearbeitet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat dafür 2,7 Millionen Euro bereit gestellt. Das Projekt "movii – moving images & interfaces" stellt ein bislang einmaliges interdisziplinäres Vorhaben im Bereich E-Learning dar. "So etwas Komplexes wie movii gibt es in der Mediengestaltung nicht noch einmal, zumindest nicht in Deutschland", sagte Prof. Dr. Harald Schleicher, Leiter der Filmklasse an der Akademie für Bildende Künste der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Eigentlich wird hier eine Medienhochschule auf den Weg gebracht." Einziger Unterschied: die Studierenden sitzen nicht in Vorlesungen oder Seminaren, sondern dringen mit der Maustaste in virtuelle Studienwelten ein. Die Inhalte sind deswegen aber nicht weniger anspruchsvoll.

Studenten und Studentinnen können, wenn movii voraussichtlich Ende 2003 fertig gestellt ist, das Lernprogramm über das Internet abrufen. Es stehen ihnen dann 20 Module zur Verfügung, die den Grundstock beziehungsweise das Basiswissen für die Film- und Mediengestaltung liefern. "Es wurde ein geschlossenes Curriculum erstellt, das einem Grundstudium vergleichbar ist", erklärte Schleicher, der zusammen mit Susanne Litz für den Part der JGU zuständig ist. Die 20 Module umfassen Lerneinheiten zu den gestalterischen Grundlagen des bewegten Bildes, so etwa zu Licht und Farbe, Form und Raum, Gestaltung mit der Kamera und Lichtgestaltung. Andere Module heißen "Konzeption/Entwurf/Produktion" oder "Computerspiele". Interaktive Raumszenarien bei Computerspielen werden also ebenso "unterrichtet" wie die Anfänge des Films mit der Laterna magica. Die einzelnen Module werden von den verschiedenen Projektpartnern erstellt. Das sind außer der Akademie für Bildende Künste an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die Fachhochschule Mainz, die FH Brandenburg, die FH Osnabrück sowie die Fachhochschule Trier und die Universität Trier.

"Compositing" zum Beispiel, in Mainz von Susanne Litz erarbeitet, zeigt wie Bilder aus unterschiedlichen Zusammenhängen kombiniert werden können. Eine Möglichkeit stellt die Mehrfachbelichtung dar, die anhand des Films "Indian Rubber Head" des Filmpioniers George Méliès von 1902 mit einem Filmausschnitt und der Rekonstruktion der einzelnen Belichtungsschritte erläutert wird. Auch für die Integration mehrerer Bildelemente wie bei "Star Wars: Return of the Jedi" von 1983 werden die Einzelschritte bei der Filmbelichtung veranschaulicht. Durch den Einsatz digitaler Technologien haben sich die gestalterischen und künstlerischen Möglichkeiten des Compositings in den vergangenen Jahren enorm ausgeweitet.

Dreh- und Angelpunkt der movii-Konzeption ist die Frage, wie das Lehrangebot durch die neuen Medien bereichert werden kann. Die Lehrenden an den Hochschulen sollen daher, so die Perspektive, aus dem movii-Angebot die Bausteine für ihre Lehrveranstaltungen heraussuchen können, die ihren Bedürfnissen entsprechen. "Jeder Lehrende soll sich aus dem Fundus sein eigenes Curriculum bauen", erläuterte Schleicher. Dazu werde eine Software geschrieben, die es jedem erlaubt, seinen eigenen Katalog zusammenzustellen. "Movii ist nicht als ein steifes Konzept gedacht, sondern wurde als ein flexibles Gerüst konzipiert", betonte der Leiter der Filmklasse.

Die Lehr- oder Lerninhalte können also je nach Nutzerkreis ganz spezifisch zusammengestellt werden. Studierende der Fächer Design, Medienkunst, Mediengestaltung und der Filmausbildung haben andere Bedürfnisse als Student/innen der Publizistik, Kommunikations- und Medienwissenschaften. Auch für Geographen, Kunstgeschichtler oder Naturwissenschaftler wird die Fähigkeit, mit den neuen Medien umzugehen und gestalterisch tätig zu werden, künftig zu den Schlüsselqualifikationen zählen.

Auch wenn movii zunächst zur Unterstützung der Präsenzlehre an den Hochschulen dient und in einem ersten Schritt nur einer geschlossenen Benutzergruppe zur Verfügung stehen wird, so ist die Lernplattform grundsätzlich auf Expansion ausgelegt. "Wir wollen eine Entlastung für die Lehre schaffen, indem sich Studierende einen gewissen Kanon in technischer, gestalterischer oder künstlerischer Hinsicht selbst aneignen", so Schleicher. Über die Hochschulen hinaus könnte movii dann aber auch in der Weiterbildung beispielsweise von Kunsterziehern zum Einsatz kommen. Über "Foren" oder "Chats" wird sich, so die Erwartungen, eine movii-Gemeinde bilden, Veranstaltungen und Projekte werden vorgestellt und über kurz oder lang soll die Plattform geöffnet werden, dass jeder Lehrende oder Studierende seine Produktion zu movii beisteuern kann.

Für Autoren, die jetzt schon für movii arbeiten, wurde ein Autorenleitfaden und ein Designleitfaden erstellt, um ein einheitliches Auftreten sicherzustellen. Mit "Im Augenblick" steht zudem ein eigens produzierter Kurzfilm der Regisseurin Erika von Moeller für die movii-Autoren bereit. Er zeigt, da für verschiedene Szenen Variablen gedreht wurden, beispielsweise verschiedene Möglichkeiten der Darstellung bei unterschiedlicher Lichtgestaltung auf. Ein making of veranschaulicht zum Beispiel wie eine Kamerafahrt professionell realisiert wird. "movii movii" heißt dieses Projekt im Projekt.