Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Verbundprojekt auch in der 2. Phase des Schwerpunktprogramms SPP1313 "Biological Responses to Nanoscale Particles"
24.01.2011
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wird auch in den kommenden 3 Jahren die Forschung nach biologischen und gesundheitsrelevanten Wirkungen von Nanopartikeln auf die Atemwege fördern. Unter der Federführung von Prof. Dr. Roland Stauber von der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik und Poliklinik wollen die Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz, zu denen auch eine Gruppe um Prof. Dr. Charles Kirkpatrick vom Institut für Pathologie gehört, gemeinsam mit ihren Kollegen von der Universität Münster und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin herausfinden, wie sich Nanoteilchen mit der komplexen Architektur der Atemwege auseinandersetzen. Auch soll geklärt werden, ob und wie Teilchen eventuell in Körperzellen gelangen und was sie dort auslösen können. Die Nanotechnologie ist die Schlüsseltechnologie des 21. Jh.s und nimmt Einfluss auf zahlreiche Entwicklungen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Daher gilt diese Technologie weltweit als einer der Wachstumsmärkte der Zukunft.
Viele Nanoteilchen - etwa in Sprays oder im Feinstaub - verbreiten sich hauptsächlich über die Luft. Mit ihrer enormen Gasaustauschoberfläche in der Größe eines Fußballplatzes und einer eingeatmeten Luftmenge von mehr als 10.000 Liter pro Tag sind die Atemwege Haupteintrittspforte für Luftschadstoffe und -partikel, auf die sie außerordentlich empfindlich reagieren. Gerade daher erfordert die Nutzung der immensen Potenziale einen verantwortungsvollen Umgang mit der Materie. Denn wie der menschliche Körper auf die "Winzlinge aus der Nano-Welt" reagiert, ist bislang nicht hinreichend untersucht. Das Besondere: Nanopartikel sind etwa so groß wie typische Biomoleküle und können deshalb - ähnlich wie Eiweißstoffe - von den Zellen aufgenommen werden.
"Was passiert jedoch in einer Zelle, die Nanopartikeln ausgesetzt ist? Über welche Wege werden die winzigen Teilchen von der Zelle aufgenommen? Wie können sie die Ordnung in den Zellen stören und was bedeutet dies letztlich für den Menschen? Das sind viele Fragen, auf welche die BIONEERe zwar bereits erste Antworten erarbeiten konnten, deren Zusammenspiel allerdings noch nicht verstanden ist. Im zusammenfügen der Mosaiksteinchen zu einem Gesamtbild verzichten die Wissenschaftler auf Tierversuche, setzen hingegen auf realitätsnahe in vitro-Prüfsysteme. Dabei gilt es, insbesondere das Lungenmodell im Reagenzglas weiter zu perfektionieren. Hierbei liegt der Fokus auf den Epithelzellen der Atemwege mit dem sog. "Lungen-Surfaktant", also dem komplexen und lebenswichtigen Feuchtigkeitsfilm auf der Oberfläche der Lungenzellen.
Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften tendieren die "Winzlinge" dazu, sich zu binden und dann zu interagieren. So können sich möglicherweise die Eigenschaften grundlegend ändern. Um dies zu erkennen und zu verstehen, ist jedoch eine präzise Untersuchung einer Vielzahl verschiedenster Parameter erforderlich. Hierfür und um diese arbeitsintensiven Anforderungen zeitnah bewältigen zu können, greifen die Wissenschaftler seit Kurzem auf neue Mikroskopiertechniken in Verbindung mit einem speziellen Roboter-System zurück, die im Mainzer Screening Center (MSC) an der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt werden.
"Das Geheimnis des Erfolgs der BIONEERe ist nicht nur innovative Technologie, sondern insbesondere die Bereitschaft der Zusammenarbeit unter diesen fachlich unterschiedlichen Disziplinen. So ist ein Forschungsverbund entstanden, der mehr darstellt als nur die Summe seiner Einzelteile. Er erlaubt uns, die komplexen Geschehnisse an der Nano-Bio Grenzfläche zu verstehen", erläutert der Leiter des Forschungsverbunds Prof. Dr. Roland Stauber von der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. "Da die Nanotechnologie in immer mehr Lebensbereiche vordringt, ist die Frage nach möglichen gesundheitsschädigenden Auswirkungen mehr als berechtigt. Wir brauchen hier verlässliche Antworten, für die der Nano-Forschungverbund BIONEERS die richtigen Instrumente besitzt", unterstreicht der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban.