Stifterverband und Klaus Tschira Stiftung prämieren interdisziplinäres Mainzer Projektvorhaben rund um den Roman "The Whale Rider" von Māori-Autor Witi Ihimaera
31.03.2022
Der coronabedingte Ausnahmezustand der vergangenen zwei Jahre hat auch an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) Studierende und Lehrende sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung gleichermaßen an den heimischen Schreibtisch gefesselt. Die zufälligen Begegnungen auf dem Campus, der ungezwungene Austausch mit Kommilitoninnen und Kommilitonen aus anderen Studienfächern, mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Arbeitszusammenhängen, Pausentreffen und Flurgespräche – all das ist größtenteils weggefallen. Mit dem Projekt "Antipoden? Eine literarische Erkundung Neuseelands" möchte die JGU im Laufe des Jahres Begegnungsräume neu schaffen und den Kosmos der Universität wieder ein Stück größer und vielfältiger machen. Im Zeichen des gewählten Buchs – "The Whale Rider" von Witi Ihimaera – und der hier gesetzten Themen soll der gesamte Campus zusammenkommen, um gemeinsam zu lesen, zu diskutieren, sich den Text persönlich, wissenschaftlich und künstlerisch anzueignen. Das Projekt ist als eine von zehn Ideen und Aktionen im Programm "Eine Uni – ein Buch" ausgezeichnet worden und wird durch den Stifterverband und die Klaus Tschira Stiftung mit 10.000 Euro gefördert.
"Wenn wir von Mainz aus eine – zugegeben – sehr lange Nadel durch den Globus stecken, dann kommt sie in den Gewässern vor Neuseeland wieder zum Vorschein. Hier wohnen unsere Antipoden. Und genau hier, in Neuseeland, spielt auch der Roman 'The Whale Rider' des Māori-Autors Witi Ihimaera", erklärt Dr. Anke Vogel vom Arbeitsbereich Buchwissenschaft der JGU, Mitinitiatorin der Bewerbung im Programm "Eine Uni – ein Buch". Der 1987 erschienene Roman erzählt die Geschichte von Kahu, der Tochter einer angesehenen Māori-Familie, die, vom Oberhaupt des Stammes zunächst verkannt, dazu bestimmt ist, dessen Schicksal zu erfüllen. Es ist eine Geschichte von bedingungsloser Liebe, von Zurückweisung und Versöhnung, von Tradition und Erneuerung – und nicht zuletzt eine Erzählung von tiefer Verbundenheit zwischen Mensch und Natur. "Es ist eine Geschichte, die vertraut wirkt und doch in ihren ganz eigenen Traditionen gelesen werden will", so Vogel.
Interdisziplinärer Austausch innerhalb der JGU und mit Neuseeland
"'Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen' – genau diesem Motto nach Matthias Claudius folgen wir, wenn wir uns campusweit ein Semester lang auf die Geschichte von Kahu und ihrem Großvater einlassen", betont Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Der Roman, der uns buchstäblich ans andere Ende der Welt einlädt, behandelt eine Fülle unterschiedlicher Themen, die im Aktionszeitraum im interdisziplinären Austausch an der JGU sowie gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus Neuseeland erarbeitet werden. Wir freuen uns schon jetzt auf ein spannendes Literatur- und Kulturerlebnis in ganz unterschiedlichen Formaten."
Um über den Roman campusweit und darüber hinaus miteinander ins Gespräch zu kommen, sind unter anderem eine hybride Ringvorlesung mit Expertinnen und Experten aus Mainz und auch aus Neuseeland sowie eine Social-Reading-Plattform geplant. Höhepunkt des Projekts ist ein Aktionsmonat, der neben dem wissenschaftlichen auch dem künstlerisch-produktiven Austausch mit dem Roman gewidmet ist. Geplant sind ein Begegnungsort, der in Form einer dauerhaften medialen Übertragung gewissermaßen ein Fenster zu unseren Antipoden in Neuseeland aufstößt, eine kommentierte Vorführung der Romanverfilmung von Niki Caro von 2002 und eine Neuseeland-Woche in der Mensa. Darüber hinaus plant die Hochschule für Musik Konzertaktionen rund um den Mythos Wal.