Eine Uni – ein Buch: Hybrides Lesefestival bringt Menschen aus Mainz und Neuseeland zusammen

Johannes Gutenberg-Universität Mainz begibt sich mit Witi Ihimaeras Roman "The Whale Rider" auf die Reise ins "Land der langen weißen Wolke"

21.04.2023

Im Sommersemester 2023 lädt die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zu einer Reise zur gegenüberliegenden Seite der Erde ein, ins "Land der langen weißen Wolke". Rund um den 1987 erschienenen Roman "The Whale Rider" des bedeutenden neuseeländischen Autors Witi Ihimaera findet von April bis Juli 2023 auf dem Gutenberg-Campus ein Festivalprogramm statt, das nicht nur Studierende, Mitarbeitende und Freunde der JGU einbezieht, sondern auch Angehörige der University of Otago in Neuseeland.

"Geschichten sind gemeinschaftsstiftend", betont Prof. Dr. Stephan Jolie, Vizepräsident für Studium und Lehre an der JGU. "Und diese großartige Fähigkeit literarischer Texte wollen wir nutzen, um uns nicht nur besser untereinander, sondern auch mit neuen Freunden zu verbinden." Schon der Weg dahin war ein ganz besonderer: "Ich kann mich noch gut an unsere erste Videokonferenz erinnern", berichtet Juniorprof. Dr. Julia Sander aus dem Organisationsteam des Projekts. "Während hier tiefster Winter war, telefonierte unser Gesprächspartner von seinem Sommerhaus aus. Das hatte einen ganz besonderen Zauber." Diesen Zauber will das Team in den vielen Aktionen und Veranstaltungen des Festivals weitergeben.

Vielfältiges Veranstaltungsprogramm

So lädt das Studierendenwerk Mainz bereits ab kommendem Montag zu einer Neuseeland-Woche in der Zentralmensa auf dem Gutenberg-Campus ein. Kulinarisch eingestimmt steht dann am Mittwoch, 26. April 2023, um 20:00 Uhr der Auftakt der hybriden, deutsch-englischsprachigen Ringvorlesung "'The Whale Rider' – Eine Erkundung Neuseelands mit Witi Ihimaeras Roman" auf dem Programm. Klangvoll inszenierte Passagen aus dem Roman bilden hier den Ausgangspunkt für wissenschaftliche Erkundungen, die sich von der Evolutionsgeschichte des Wals über die Sprache und Kultur der Māori bis hin zur postkolonialen Rechtsprechung erstrecken. Dabei geht es auch immer um die aktivierende Kraft der Literatur und wie sie uns angesichts von Umweltzerstörung und menschengemachtem Klimawandel zum Handeln auffordert. All das diskutieren in Kurzvorträgen und Gesprächsrunden Expertinnen und Experten aus Mainz mit digital zugeschalteten Kolleginnen und Kollegen der University of Otago in Neuseeland.

Besonderer Höhepunkt: Autor Witi Ihimaera wird zum Abschluss der Reihe für eine Autorenlesung in Mainz zu Gast sein – auch dank finanzieller Unterstützung durch Creative New Zealand.

Darüber hinaus dürfen sich cineastisch Interessierte auf eine kommentierte Vorführung der für einen Oscar nominierten Romanverfilmung freuen. Und wer noch tiefer in die Welt von "The Whale Rider" eintauchen will, kann das in verschiedenen Begleitveranstaltungen beispielsweise des Studium generale und des Programms Studieren 50 Plus tun. Wer selbst kreativ werden möchte, kann sich in einem von Campus Mainz e.V. veranstalteten Zeichenkurs mit verschiedenen Techniken an Illustrationen zum Roman versuchen oder in einem digitalen Workshop zum Kreativen Schreiben Witi Ihimaeras Prosa in Verse umwandeln.

"Eine Uni – ein Buch"

Das vorrangige Ziel der Aktion "Eine Uni – ein Buch" ist es, möglichst viele Menschen zum Lesen des Romans "The Whale Rider" zu animieren. "Ob auf Deutsch oder im englischen Original, als gedrucktes Buch, E-Book oder Hörbuch – das ist letztlich zweitrangig", betont Buchwissenschaftlerin Dr. Anke Vogel, die das Projekt mitorganisiert. Wer mit dabei ist, wird das mit einem Projekt-Button am Revers zeigen können. "So kann man andere Leserinnen und Leser erkennen und kommt leichter ins Gespräch", so Vogel.

Das Projekt ist als eine von zehn Ideen und Aktionen im Programm "Eine Uni – ein Buch" ausgezeichnet worden und wird durch den Stifterverband und die Klaus Tschira Stiftung mit 10.000 Euro gefördert.

Der Roman "The Whale Rider"

"The Whale Rider" erzählt die Geschichte von Kahu, der Tochter einer angesehenen Maori-Familie, die sich auf den mythischen Urahn Paikea zurückführt, der das Land auf einem Wal reitend in Besitz nahm und fruchtbar machte. Für Kahus Großvater Koro Apirana ist ihre Geburt ein herber Schlag, sehnt er doch schon länger einen männlichen Erben herbei, dem er – traditionsgemäß – die Führung des Stammes übergeben kann. Auf der verzweifelten Suche nach einem Nachfolger übersieht er dabei sowohl die bedingungslose Liebe seiner Enkelin als auch die Zeichen ihrer Auserwähltheit. Erst als ein alter Walbulle vor der Küste des Dorfes zu stranden droht, wendet sich das Blatt. Während der Großvater in diesem unheilvollen Zeichen schon das Ende seines Stammes gekommen sieht, besteigt Kahu den Wal und führt ihn zurück auf die offene See.

Witi Ihimaera ist einer der profiliertesten Schriftsteller Neuseelands. Bereits sein Debutroman "Tangi" (1973) gewann den Wattie Book of the Year Award. Seitdem sind neben zahlreichen Kurzgeschichten und Anthologien elf weitere Romane aus seiner Feder erschienen. Zuletzt veröffentlichte er den ersten Band seiner Autobiografie "Maori Boy". Mit weltweiten Aktionen feiert der Verlag Random House in diesem Jahr sein 50-jähriges Publikationsjubiläum.