Carl-Zeiss-Stiftung fördert inverses Design von neuen Materialien an der JGU

Forschergruppe an Schnittstellen zwischen weicher und harter Materie und zwischen Theorie und Anwendung erhält eine Million Euro

20.07.2010

Im Rahmen des Exzellenzförderprogramms der Carl-Zeiss-Stiftung erhalten Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in den kommenden vier Jahren eine Million Euro für Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Materialwissenschaften. Die Forschergruppe um Prof. Dr. Claudia Felser arbeitet an dem sogenannten gezielten "Inverse Design" von technologisch interessanten Materialien mit definierten Eigenschaften. Dies erfolgt durch eine theoretische Modellierung der zu entwickelnden Materialien. Dazu gehören Gläser, Halbleiter und Polymere, also Materialien, die schon heute im Mainzer Forschungsfokus stehen. Neu an dem Forschungsverbund ist die wissenschaftliche Vorgehensweise: Meistens werden Materialien mit interessanten Eigenschaften wie Supraleitung oder mit bestimmten optischen Eigenschaften eher zufällig entdeckt. Die Idee des inversen Designs basiert auf der Umkehrung des klassischen Ansatzes, der voraussetzt, dass das Material bekannt ist und seine Eigenschaften berechnet werden. Umgekehrt definiert man jetzt zuerst die gewünschte Eigenschaft und designt dann über die molekulare und/oder elektronische Struktur invers das passende Material hierzu. "Ein solcher Ansatz ist heute realistisch, da mittlerweile die notwendigen Computerressourcen weltweit vorhanden sind", so Felser. "Der Ansatz ist auch technologisch relevant, da wir ressourcenschonend und kostensparend Materialien auf dem Computer entwerfen können."

Die Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau der notwendigen Forschungsstrukturen sind in Mainz hervorragend. Interdisziplinäre Kooperationen zwischen theoretischen und experimentellen Arbeitsgruppen arbeiten im Landesexzellenzcluster COMATT und in der DFG-Graduiertenschule der Exzellenz "Materials Science in Mainz" (MAINZ) zusammen und dies sowohl im Bereich der harten als auch der weichen Materie. Brückenbildend ist auch das im Rahmen des Landesexellenzwettbewerbs gegründete Zentrum für rechnergestützte Forschungsmethoden in den Naturwissenschaften (ZRFN).

Auch soll der Technologietransfer zwischen der Universität Mainz und lokalen Großunternehmen wie Schott, IBM und BASF und die internationale Netzwerkbildung in diesem Kontext gestärkt werden. Im Bereich des Computational Design existieren bereits erfolgreiche Kooperationen mit IBM und Schott, die explizit in den Forschungsverbund eingebunden wurden. Im Februar 2010 wurde die JGU mit dem SUR Grant Wissenschaftspreis der IBM für das erfolgreiche Design neuer Materialien für Solarzellen ausgezeichnet. Der Rechnercluster zur Durchführung der Simulationen ist eine wichtige Basis für das Projekt. Gemeinsame Doktorandinnen und Doktoranden en zwischen den Industriepartnern und den Professorinnen und Professoren der JGU sollen den Wissenstransfer an der Schnittstelle Hochschule/Industrie effizienter machen. Koordinierte Netzwerke, professioneller Technologietransfer und gemeinsame Forschungsarbeiten sollen einen ständigen Erfahrungsaustausch und eine schnelle Verwertung der Forschungsergebnisse gewährleisten.

Auf internationaler Ebene ist das bekannte US-Institut für erneubare Energien (National Renewable Energy Laboratory, NREL) in der Person von Prof. Alex Zunger eingebunden, Vater der Idee des inversen Designs neuer halbleitender Materialien und Preisträger des Gutenberg Lecture Award 2009.