Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr und Kultursoziologin Michèle Lamont
27.05.2014
Bei einer feierlichen Abendveranstaltung auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat das Gutenberg Forschungskolleg (GFK) gestern den Gutenberg Research Award 2014 verliehen und seine neuen Fellows begrüßt. "Das Gutenberg Forschungskolleg hat sich in den sieben Jahren seines Bestehens als wertvolles Instrument zur Schärfung des wissenschaftlichen Profils der JGU etabliert", so Prof. Dr. Matthias Neubert, Direktor des GFK und Leiter der Arbeitsgruppe Theoretische Hochenergiephysik. "Bei unserem jährlichen Festakt wollen wir unsere Erfolge sichtbar machen, insbesondere auch die individuellen Spitzenleistungen unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausstellen und international renommierte Forscherinnen und Forscher ehren." Das GFK vergibt seit 2012 jährlich den Gutenberg Research Award an herausragende internationale Forscherpersönlichkeiten. Dieses Jahr ging der mit jeweils 10.000 Euro dotierte Preis an Prof. Dr. Ernst Fehr, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Zürich, und an Prof. Dr. Michèle Lamont, Kultursoziologin an der Harvard University.
Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat das GFK im Jahr 2007 eingerichtet, um die wissenschaftlichen Stärken der Universität hervorzuheben und vielversprechende neue Forschungsfelder zu unterstützen. Dazu können einzelne Forscherinnen und Forscher über Fellowships gefördert werden. Bei der feierlichen Abendveranstaltung begrüßt das GFK seine neuen Mitglieder offiziell und überreicht die Ernennungsurkunden. Diesmal wurden vier neue Fellows in den Reihen des GFK willkommen geheißen.
Die Sprach- und Translationswissenschaftlerin Prof. Dr. Silvia Hansen-Schirra forscht zu einer Vielzahl von Themen wie Korpuslinguistik, Fachkommunikation, computergestützte Translation und Translationsprozess- und Verständlichkeitsforschung. In ihrem Fachgebiet nimmt sie eine herausragende Stellung ein, indem sie sich nicht nur erfolgreich mit den Kernfragestellungen ihrer Disziplin beschäftigt, sondern auch methodisch und inhaltlich fächerübergreifend forscht und dabei neuartige Fragestellungen und Erkenntnisse hervorbringt. In den nächsten Jahren plant sie, die empirische Ausrichtung von Forschungsfragen und ihre Verknüpfung mit computer- und psycholinguistischen Verfahren weiter auszubauen.
Mit dem Religionswissenschaftler und Historiker Prof. Dr. Isaac Kalimi wird ein international herausragender Experte für die hebräische Bibel bzw. das Alte Testament die Forschung in den theologischen Fakultäten der JGU bereichern. Nach akademischen Positionen an hochrangigen religionswissenschaftlichen Einrichtungen in Israel, den USA und Europa war er zuletzt am Center for Middle Eastern Studies der University of Chicago tätig. Den Schwerpunkt seiner Forschung bildet die Zeit des Zweiten Tempels, der nach dem babylonischen Exil in Jerusalem erbaut wurde. Hier sind die entscheidenden kulturellen Weichenstellungen für die Entstehung einer schriftlichen Tradition, die zur Bibel führte, und für die Herausbildung der jüdischen Religion erfolgt. Kalimi hat sich in seiner wissenschaftlichen Tätigkeit insbesondere der Interpretation der Chronikbücher gewidmet, die zum Kanon der jüdischen wie auch der christlichen Glaubensgemeinschaften gehören.
Der Philosoph Prof. Dr. Thomas Metzinger zeichnet sich durch seine innovative interdisziplinäre Herangehensweise an klassische philosophische Fragen nach dem Bewusstsein und dem Selbst des Menschen aus. Dabei hat er bemerkenswerte Kooperationen mit Forscherinnen und Forschern aus verschiedenen neurowissenschaftlichen Bereichen initiiert, unter anderem als Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und als Mitbegründer der Association for the Scientific Study of Consciousness. Er gilt international als einer der führenden Forscher in der Philosophie des Geistes und wird in den nächsten Jahren als GFK-Fellow in weiteren interdisziplinären Projekten die Verknüpfung von analytischer Philosophie und empirischer neurowissenschaftlicher Forschung vorantreiben.
Mit Prof. Dr. Jairo Sinova konnte einer der herausragenden theoretischen Physiker im Feld der Spintronik für ein GFK-Fellowship gewonnen werden. Zuvor war er an der Texas A&M University in College Station in den USA tätig und wurde sowohl für seine Erkenntnisse in der Forschung als auch für sein Engagement in der Lehre mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Seine theoretische Vorhersage und experimentelle Prüfung des intrinsischen Spin-Hall-Effekts gelten als Meilensteine der Halbleiterphysik. Als Alexander von Humboldt-Professor wird er in Mainz die Gründung eines Humboldt Center for Emergent Spin Phenomena (H-CESP) in Angriff nehmen und in die Arbeit der Graduiertenschule "Materials Science in Mainz" (MAINZ" und des neuen Forschungszentrums CINEMA (Center for Innovative and Emerging Materials) eingebunden sein.
Die diesjährigen Preisträger des Gutenberg Research Award, Prof. Dr. Ernst Fehr und Prof. Dr. Michèle Lamont, gehören in ihren Fachgebieten zu den international renommiertesten Wissenschaftlern. Fehr, Professor für Mikroökonomik und Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich, zählt zu den meistbeachteten Wirtschaftswissenschaftern der Welt. In seinen Arbeiten untersucht er die Rolle von nicht-ökonomischen Faktoren wie beispielsweise Fairness und Solidarität auf menschliches ökonomisches Handeln und zeigt, dass das Prinzip der egoistischen Nutzenmaximierung in der Ökonomie zu kurz greift. Michèle Lamont, Professorin für Soziologie, European Studies und African American Studies an der Harvard University, forscht mit einem kulturvergleichendem Ansatz über die Wirkung sozialer Hierarchien, über Moralvorstellungen sowie über Selbstidentifikationen sozialer Gruppen. Sie überschreitet mit ihren Arbeiten klassische Fächergrenzen und hat wegweisende Forschungen vorgelegt, die aktuell in der Entwicklung eines neuen kultursoziologischen Denkstils münden.