Vom Menschen verursachter Klimawandel bewirkt zusätzliche Freisetzung von CO2
27.01.2010
Der vom Menschen verursachte Klimawandel bewirkt eine zusätzliche Freisetzung des Treibhausgases CO2 aus der Landbiosphäre und dem Ozean – dadurch wird die globale Erwärmung verstärkt. Mit jedem Grad Erwärmung steigt der CO2-Gehalt in der Luft um etwa 3 Prozent an. Zu diesem Schluss kommen Klimatologen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und der Universitäten Bern und Mainz in einer Studie, die in der Zeitschrift Nature am 28. Januar 2010 publiziert wird.
Lufteinschlüsse in Eisbohrkernen aus der Antarktis und Jahrringe der Bäume liefern der Forschung die zuverlässigsten Daten, wenn es darum geht, aktuelle Klimaveränderungen mit der globalen Klimageschichte der letzten Jahrtausende zu vergleichen und Klimamodelle zu testen. Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft WSL, die Universität Bern und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die weltweit führend in der Analyse von Jahrringen und Eisbohrkernen und in der Modellierung der Zusammenhänge von Klima und Kohlenstoffkreislauf sind, haben die Klimaschwankungen der letzten 1.000 Jahre unter die Lupe genommen. Die Forschenden um David Frank, die unter dem Dach des Berner Oeschger Zentrums für Klimaforschung zusammenarbeiten, können aufgrund ihrer aufwendigen, in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Analyse nun viel genauer quantifizieren, wie stark der CO2-Gehalt der Luft durch Klimaschwankungen in der vorindustriellen Periode beeinflusst wurde.
Die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Gas verursacht den aktuellen CO2-Anstieg und ist Hauptursache der globalen Erwärmung. Diese klimatische Veränderung stört das natürliche Gleichgewicht zwischen den riesigen Kohlenstoffvorräten in Atmosphäre, Ozean und Biosphäre: Aus diesen langfristigen Speichern wird dadurch zusätzliches CO2 freigesetzt, was im Sinne einer Rückkopplung zu einer weiteren Erwärmung führt. Damit verstärkt sich der Einfluss des CO2 auf die Temperaturentwicklung. Wie groß diese Rückkopplung zwischen Kohlenstoffkreislauf und menschgemachter Erwärmung ist, wird unter Fachleuten intensiv diskutiert. Die vorliegende Studie gibt nun Antwort. Neun verschiedene Rekonstruktionen des Temperaturverlaufs und drei CO2-Zeitreihen wurden auf ihre Verlässlichkeit geprüft. Die Wissenschaftler berechneten den Zusammenhang zwischen Temperatur und CO2 für mehr als 200.000 mögliche Datenkombinationen. Das Ergebnis: ein verlässlicher Mittelwert und ein dazugehöriger Genauigkeitsbereich für die Rückkopplungsstärke zwischen Temperatur und CO2. "Die neuen Kenntnisse werden der weltweiten Klimaforschung helfen, genauere Vorhersagen über die mittlere Temperaturentwicklung zu machen", so David Frank von der WSL, der Erstautor der Studie.
Wie gut ist die Rückkopplung von Kohlenstoffkreislauf und menschgemachter Erwärmung in den heutigen Klimamodellen dargestellt? In einer ersten Sichtung haben die Forscher zehn Klimamodelle mit den Daten der von ihnen berechneten Wahrscheinlichkeiten verglichen. Es zeigt sich, dass der Grossteil der Modelle mit den neuen Ergebnissen übereinstimmt. Dabei scheinen Modelle mit einer geringeren Rückkoppelung tendenziell realistischer zu sein. Dieser Vergleich stärkt das Vertrauen in bisherige Modellvorhersagen für die nächsten Jahrzehnte: Um die atmosphärischen CO2-Konzentration zu stabilisieren und die menschgemachte Erwärmung zu begrenzen, müssen die Kohlenstoffemissionen in den nächsten Jahrzehnten gesenkt werden.
Die neue Analyse erlaubt auch einen verlässlichen Vergleich der natürlichen Klimaänderungen mit der aktuellen Erwärmung. Heute ist die globale Temperatur bereits mehr als 0.3 Grad Celsius höher als in der wärmsten Periode der letzten 1.000 Jahre. Der Mensch hat die natürliche Klimaschwankung des Jahrtausends bereits um 75 Prozent ausgedehnt.