Israelische und Mainzer Wissenschaftler präsentieren die erste Fundgruppe
31.03.2010
Etwa 20 Kilometer südlich von Tel Aviv hatten Archäologen im Jahr 2002 einen sensationellen Fund von mehreren tausend Kultgegenständen aus dem 9. und 8. vorchristlichen Jahrhundert entdeckt. Mittlerweile wurde die erste Fundgruppe rekonstruiert und nun von einem Wissenschaftlerteam aus Israel und Mainz in einer Publikation vorgestellt. Es handelt sich um Architekturmodelle aus Ton, die einen Kultbau aus den Zeiten der Philister abbilden. Die Wissenschaftler hoffen, dass weitere Auswertungen des Sensationsfunds auch einen Hinweis darauf geben, woher die Seevölkergruppe der Philister überhaupt gekommen war.
Im Herbst 2002 führte der israelische Archäologe Dr. Raz Kletter, damals in Diensten der israelischen Antikenverwaltung, eine räumlich äußerst begrenzte, aber extrem fundreiche Grabung in Yavne, gut 20 Kilometer südlich von Tel Aviv, durch. Das Grabungsareal beschränkte sich auf eine Grube von gerade einmal 2 Meter Durchmesser und 1,5 Meter Tiefe. Trotzdem entdeckte er hier über 7.000 Kultgegenstände aus dem 9. und 8. Jahrhundert v.Chr. – so viel war in über 100 Jahren Forschungsgeschichte noch nie in Israel gefunden worden. Anfangs wurde der Sensationsfund weitgehend geheim gehalten. Die Grabungsarbeiten sollten nicht durch Besucher gestört werden, die sich eigenmächtig als Archäologen betätigen und wertvolle Funde mitnehmen könnten. Dann zeigte sich, dass die Funde zuerst umfassend restauriert werden müssen.
Mittlerweile wurde eine erste Fundgruppe rekonstruiert und jetzt von einem Wissenschaftlerteam aus Israel (Dr. Raz Kletter, Dr. Irit Ziffer) und Mainz (Prof. Dr. Wolfgang Zwickel) veröffentlicht. Es handelt sich um Architekturmodelle. Diese Tonmodelle bilden einen Kultbau ab und sind etwa so groß wie ein Schuhkarton. Auf der Vorderseite und auf den Seitenbereichen sind Tiere, v.a. Stiere und Löwen, sowie nackte Göttinnen abgebildet. Insgesamt konnten rund 120 dieser Architekturmodelle rekonstruiert werden. Von offiziellen Grabungen aus über 100 Jahren Forschung finden sich rund 30 Parallelen hierzu. Schon allein dieser Vergleich macht deutlich, welche herausragende Bedeutung der neue Fund für die Kultgeschichte Palästinas hat.
Die in Yavne gefundenen Gegenstände wurden in dieser Grube wohl kultisch bestattet, als sie in einem nahegelegenen, aber bislang nicht ausgegrabenen Heiligtum nicht mehr benötigt wurden. Die Stadt Yavne gehörte in jener Zeit zum Gebiet der Philister, einer Seevölkergruppe, die um 1200 v. Chr. von den Ägyptern angesiedelt worden war.
"Nachdem wir jetzt die Architekturmodelle veröffentlicht haben, müssen wir dringendst zumindest die wichtigsten Funde unter den sonstigen Gerätschaften in dieser Grube publizieren", so der Biblische Archäologe Prof. Dr. Wolfgang Zwickel von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) an. "Wir können allerdings angesichts der Vielzahl von Gerätschaften allenfalls an eine statistische Erfassung und eine Rekonstruktion einiger weniger Gefäße denken." In dieser Grube befanden sich zehntausende Scherben, die sich wohl nie vollständig zu Gefäßen zusammensetzen lassen werden.
Ein weiterer Schwerpunkt der zukünftigen Forschung wird die Klärung der Frage sein, wofür die Architekturmodelle und die Gefäße eigentlich benutzt wurden. "Auch da zeichnen sich inzwischen sensationelle Ergebnisse ab, die wir aber erst noch durch weitere Untersuchungen überprüfen müssen", so Zwickel. Und schließlich hofft er, dass die in ihrer Art einzigartigen Funde etwas darüber verraten, woher die Seevölker eigentlich kommen. Deren Herkunft ist nämlich noch immer ungeklärt. Der ganze Bereich von Albanien bis zur Türkei wurde in die Diskussion eingebracht.