Mainzer Wissenschaftler bereiten Publikation zu archäologischem Sensationsfund nahe Tel Aviv vor

Neue Einblicke in Kultur- und Kultgeschichte der Philister

15.11.2006

Im Oktober 2002 wurden bei Straßenbauarbeiten in Yavne, rund 20 Kilometer südlich von Tel Aviv im ehemaligen Philistergebiet, durch einen Bulldozer Reste einer alten Grube freigelegt, die rund zwei Meter Durchmesser und eine Tiefe von 1,5 Metern hatte. In dieser Grube fanden sich Tausende von Scherben. Die israelische Antikenverwaltung legte im Oktober und November 2002 die Grube frei. "Wir schätzen, dass in dieser Grube etwa 2.000 Kultgeräte kultisch bestattet wurden", so der israelische Ausgräber Raz Kletter von der Antikenverwaltung. "Da aber fast alle Geräte zerbrochen sind, fällt es bislang schwer, sich auchnur eine ungefähre Vorstellung davon zu verschaffen, wie viele Gerätschaften es wirklich sind." Im Lagerraum der Antikenverwaltung in Jerusalem befinden sich nicht weniger als 80 großformatige Kisten mit den Ausgrabungsfunden.

Die kultische Bestattung von Gegenständen, die vorher in irgendeiner Art im Kultbetrieb eingesetzt wurden, ist für den Raum Israels nicht ungewöhnlich. Noch heute werden im Judentum Torarollen, die im Gottesdienst für die regelmäßigen Lesungen verwendet worden sind, nun aber nicht mehr benötigt werden, so bestattet. Allerdings wurde auf dem Boden des Staates Israel noch nie eine so große Menge an Kultgeräten entdeckt wie in diesem Fall. "Wir nehmen an, dass sich mit diesem Fund die Zahl der Kultgeräte, die bei archäologischen Ausgrabungen in Israel in den vergangenen gut 100 Jahren gefunden wurden, nahezu verdoppelt", schätzt Kletter.

Noch während der Grabungsarbeiten 2002 nahm Kletter Kontakt mit Prof. Dr. Wolfgang Zwickel vom Seminar für Altes Testament und Biblische Archäologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) auf, der ein ausgewiesener Spezialist für Kultgeräte ist. Gemeinsam mit Dr. Irit Ziffer, Kuratorin des Eretz Israel Museums in Tel Aviv, und unterstützt von Doktoranden wollen die drei in den nächsten Jahren all die Funde publizieren. "Wir werden dafür mindestens zehn Jahre benötigen, denn ein solcher Sensationsfund muss sehr gründlich und umfassend publiziert werden", betont Zwickel. "Dadurch werden wir völlig neue Einblicke in die Kultur- und Kultgeschichte der Philister und letztlich auch des Alten Testaments erhalten, denn die Funde weisen ganz enge Beziehungen zur zeitgleichen israelitischen Kultur auf." Vorher müssen aber noch Restauratoren versuchen, die vielen tausend Scherben zu einzelnen Gerätschaften zusammenzusetzen – auch das eine mehrjährige Arbeit.