Universitäten Erfurt und Mainz forschen zur Wissens- und Stadtkultur in Mittelalter und Früher Neuzeit

Kooperationsvertrag unterzeichnet / Erschließung der mittelalterlichen Handschriftensammlung Bibliotheca Amploniana Teil des Projekts

07.04.2004

Der Präsident der Universität Erfurt, Dr. Wolfgang Bergsdorf, und der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), Prof. Dr. Jörg Michaelis, haben einen Kooperationsvertrag zwischen den Universitäten Erfurt und Mainz unterzeichnet. Wissenschaftler der beiden Hochschulen hatten im Herbst letzten Jahres ein gemeinsames Forschungsprojekt auf den Weg gebracht, das am Beispiel der Städte Erfurt und Mainz die vielfältigen Zusammenhänge von Stadt- und Wissenskultur in Mittelalter und Früher Neuzeit zu rekonstruieren sucht.

Teil des Projekts ist auch die weitere wissenschaftliche Erschließung der berühmten mittelalterlichen Handschriftensammlung Bibliotheca Amploniana und der mit ihr verbundenen Sondersammlungen, die die Stadt Erfurt der wiedergegründeten Universität Erfurt im Dezember 2001 als Dauerleihgabe übergab.

Der Forschungsgegenstand des Projektes ergibt sich vor allem aus der Vergleichbarkeit beider Städte in Bezug auf ihre Verflechtung von Wissens- und Stadtkultur und aus ihrer historisch gewachsenen Beziehung zueinander: Die ersten Universitäten Europas sowie die ihnen vorausgehenden höheren Bildungseinrichtungen entstanden in Städten. Zwischen den Städten und den in ihren Mauern liegenden Hohen Schulen bildeten sich vielfältige Wechselbeziehungen aus: Als Wirtschaftsfaktoren und Kulturträger, aber auch durch ihre Absolventen (zum Beispiel als Träger kommunaler Ämter) prägten die Schulen die Städte. Umgekehrt bestimmten die Städte als ihre Gründer, Träger, Beschützer oder zumindest als ihr politisch-gesellschaftliches Umfeld das Bild der Schulen mit. In diesem Wechselspiel nehmen die Kloster-, Stifts- und Universitätsbibliotheken eine ausgezeichnete Mittlerposition ein, verbinden sie doch die prinzipiell mobile Gelehrtenkultur mit der prinzipiell immobilen Stadtkultur. Im deutschen Sprachgebiet ist Erfurt schon vor der Universitätsgründung 1392 eine der wichtigsten Schulstädte; Mainz gehört seit der Karolingerzeit zu den traditionsreichsten Kulturstädten in Europa. Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Beziehungen beider Städte sind durch die Zugehörigkeit Erfurts zum kurmainzischen Erzbistum bestimmt. Beide Universitäten wurden fast zeitgleich zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschlossen.

Das Forschungsprojekt vereint neben Forschern aus den federführenden Einrichtungen – der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt (Leitung: Prof. Dr. Eberhard Tiefensee) und dem Interdisziplinären Arbeitskreis Mediävistik der Universität Mainz (Leitung: Prof. Dr. Mechthild Dreyer) – weitere Wissenschaftler, insbesondere auch aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Über die geplante Kooperation hinaus liefert das Teilprojekt der wissenschaftlichen Erforschung der Amploniana Anknüpfungspunkte für die deutsche und internationale mediävistische Forschung; in diesem Rahmen dürften verstärkt auch ausländische Wissenschaftler nach Erfurt kommen, die an den Schriften der Bibliotheca Amploniana und den ihr angeschlossenen Sondersammlungen interessiert sind.