Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Mainz und der FH Mainz erklären Mathematik
14.10.2008
Was besagt die Riemannsche Vermutung – und die Yang-Mills-Theorie? Was wird mit Navier-Stokes-Gleichungen berechnet? Und welchen Einfluss hat der Hauptsatz der Algebra auf unseren Alltag? Die Welt der Mathematik ist abstrakt, jenseits der Schulmathematik für den Laien weitestgehend unverständlich. Und doch durchdringt keine andere Wissenschaft unsere Lebens- und Arbeitsbereiche so weitreichend: Vom Automobilbau zur Straßenplanung, vom Wetterbericht zum MP3-Player, vom Bahnverkehr zum Internet – alles ist (auch) Mathematik. Unter der Überschrift "Mathematik. Alles, was zählt" greift die Reihe "Universität im Rathaus" das Motto des vom Bundesministerium ausgerufenen Wissenschaftsjahres 2008 auf.
Die Reihe beginnt am 28. Oktober mit dem Vortrag "Primzahlen, Quanten und Computer: Die Riemannsche Vermutung" von Prof. Dr. Stefan Müller-Stach vom Institut für Mathematik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die Riemannsche Vermutung ist eine der spannendsten Theorien der Mathematik, ihr Beweis steht noch immer aus. Müller-Stach geht der Geschichte dieser mathematischen Vermutung über die Anzahl und Verteilung von Primzahlen nach. In diesem Zusammenhang erläutert er auch ihre Bedeutung in der Mathematik und in den Naturwissenschaften.
Wahre Millionenfragen stellt Prof. Dr. Volker Bach in seinem Vortrag "Die Millennium-Preisprobleme des Clay Mathematical Institute" am 25. November: Im Jahr 2000 hat das Clay Mathematical Institute in Boston ein Preisgeld von je einer Million Dollar für die Lösung von sieben ausgewählten mathematischen Problemen ausgelobt. Zwei dieser Millennium-Preisprobleme – die Navier-Stokes-Gleichungen und die Yang-Mills-Theorie – stellt Bach in der zweiten Abendveranstaltung in der Reihe "Universität im Rathaus" vor.
In seinem Vortrag "Unternehmensdaten der amtlichen Statistik: Geheimhaltung versus wissenschaftliche Nutzung – Betrachtung aus der Perspektive eines Datenangreifers" am 2. Dezember greift Prof. Dr. Rainer Lenz von der Fachhochschule Mainz, Mathematik und Informationsmanagement, das Thema der Anonymisierung von Unternehmensdaten für eine Verwendung durch die empirische Wirtschafts- und Sozialforschung auf. Dieser Komplex ist von wissenschaftlicher Seite so spannend, da hier zwei gegenläufige Ziele ausbalanciert werden müssen: Zum einen fordert der Gesetzgeber, dass Informationen der Auskunft Gebenden gut geschützt werden und zum anderen gilt es, das in den Daten vorhandene Potenzial an wissenschaftlichen Analysen bestmöglich zu erhalten. In seinem Beitrag versetzt Lenz die Zuhörer in die Rolle eines potenziellen Datenangreifers und entwickelt geeignete Strategien zur Deanonymisierung.
"Seifenblasen und andere Extreme" überschreibt Prof. Dr. Manfred Lehn vom Institut für Mathematik der Universität Mainz seinen Vortrag am 9. Dezember. Es ist eine mathematisch-physikalische Gegebenheit, dass ein Seifenblasenfilm in einem Drahtrahmen stets eine Gestalt annimmt, für die die Oberfläche minimal wird. Viele Phänomene in der Natur und ihren Wissenschaften lassen sich dadurch erklären, dass eine gewisse Größe einen minimalen oder extremalen Wert annimmt. Die Geschichte dieses sogenannten Extremalprinzips mit seinen interessanten Gestalten, Ideen und Verbindungen zu anderen Wissenschaften stellt Lehn vor.
Der Beitrag von Juniorprof. Dr. Annette Imhausen führt am 20. Januar 2009 in die "Mathematik im Alten Ägypten". Das alte Ägypten gehört zu den frühesten Kulturen, aus denen uns mathematische Kenntnisse überliefert sind. Der Vortrag beschreibt die Entwicklung des Zahlensystems um 3000 v. Chr. bis zu den ersten mathematischen Texten aus dem Mittleren Reich (um 1800 v. Chr.).
Privatdozentin Dr. Margarita Kraus rückt am 27. Januar 2009 eine der ersten Frauen, die sich in Deutschland habilitiert haben, in den Mittelpunkt ihres Vortrags "Emmy Noether: Symmetrien in Mathematik und Physik". Bereits in ihrer Habilitationsschrift von 1918 stellte Noether eine Beziehung zwischen Symmetrien – also geometrischen Eigenschaften – und Erhaltungsgesetzen in der Physik her und lieferte damit einen entscheidenden wissenschaftlichen Beitrag. Der Vortrag stellt zum einen Emmy Noethers wissenschaftliche Arbeit vor, zum anderen betrachtet Kraus auch die Persönlichkeit der Frau und Jüdin Emmy Noether.
Die Reihe endet am 3. Februar 2009 mit dem Vortrag "Hauptsatz der Algebra" von Prof. Dr. Theo de Jong vom Institut für Mathematik der Universität Mainz. Der erste vollständige und lückenlose Beweis des Hauptsatzes der Algebra wird normalerweise dem berühmten Mathematiker und Astronomen Johann Carl Friedrich Gauß (1777-1855) zugeschrieben. Heute sind etwa 50 verschiedene Beweise dieses wichtigen Satzes bekannt. In seinem Vortrag berichtet de Jong über die Geschichte, die Beweise und die Bedeutung des Fundamentalsatzes der Algebra.
"Universität im Rathaus" ist ein gemeinsames Projekt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Stadt Mainz. Seit über 20 Jahren dient der Universität dieses Forum als Brückenschlag vom Campus in die Stadt. Der Bevölkerung einen Einblick in die vielfältigen Facetten der unterschiedlichsten Disziplinen von 2.800 Wissenschaftlern in mehr als 150 Instituten und Kliniken zu geben, ist das Ziel dieser Veranstaltungsreihe. "Universität im Rathaus 2007/08" wird in Kooperation mit der Allgemeinen Zeitung durchgeführt.