Forschende der JGU gewinnen neue Erkenntnisse über magnetische Wirbelstrukturen
04.08.2025
Was geschieht während des Schmelzvorgangs in zwei Dimensionen auf mikroskopischer Ebene? Das haben Forschende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in dünnen magnetischen Schichten untersucht. "Anhand von Skyrmionen – kleinen Magnetwirbeln – konnten wir erstmals live verfolgen, wie eine zweidimensionale geordnete Gitterstruktur in einen ungeordneten Zustand übergeht", berichtet Raphael Gruber, der die Untersuchungen in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Mathias Kläui am Institut für Physik der JGU durchgeführt hat. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden jetzt im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Nanotechnology veröffentlicht. Die neuen Erkenntnisse sind grundlegend für das tiefere Verständnis von Schmelzvorgängen in zwei Dimensionen und des Verhaltens von Skyrmionen, die künftig für die Datenspeicherung eingesetzt werden könnten.
Skyrmionengitter schmelzen in zwei Schritten
Wie Eis zu Wasser schmilzt, ist den meisten Menschen bekannt – makroskopisch betrachtet jedenfalls. Was die mikroskopische Ebene angeht, weiß man jedoch erstaunlich wenig über den Schmelzvorgang. "Spannend ist dieser Phasenübergang insbesondere in zwei Dimensionen, da dort noch andere Phänomene auftreten als in den bekannten drei Dimensionen", erläutert Gruber. Zunächst hatten die Forschenden über die präzise Einstellung von Temperatur und Magnetfeld Skyrmionen erzeugt – magnetische Wirbelstrukturen, die einem Hurrikan auf Mikroskala gleichkommen. Da sie sehr stabil sind, können sie als eigenständige Teilchen betrachtet werden. Drängeln sich die Skyrmionen dicht auf engem Raum, ordnen sie sich in einer regelmäßigen Gitterstruktur an. "Die Frage, die uns interessiert hat, lautet: Was passiert, wenn wir diesen geordneten Zustand wieder in einen ungeordneten überführen – das System also schmelzen?", so Gruber.
Über ein magneto-optisches Kerr-Mikroskop konnten die Forschenden dies erstmals live beobachten. Anders als dreidimensionale Gitterstrukturen wie Eis schmilzt das zweidimensionale Skyrmionengitter in zwei Schritten. Im ersten Schritt geht die translationale Ordnung verloren, die einzelnen Skyrmionen befinden sich dabei zwar noch in der Gitterstruktur, allerdings werden die Abstände zu den nächsten Nachbarn unregelmäßig. Erst im zweiten Schritt geht auch die Orientierung verloren und das Gitter löst sich vollständig auf – es schmilzt. "Die Erklärung des speziellen Phasenübergangs beim Schmelzen wurde durch die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen vom Center for Quantum Spintronics an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens ermöglicht", ergänzt Prof. Dr. Mathias Kläui.
Schmelzen nicht durch Wärme, sondern über das Magnetfeld
Eine weitere Besonderheit liegt im Aufbau des Experiments. Üblicherweise würde man die Temperatur erhöhen, um Materialien zu schmelzen. Das ist hier jedoch nicht der beste Ansatz, denn damit würden sich auch die Bedingungen ändern, die die Magnetwirbel entstehen lassen. „Wir haben die Skyrmionen daher durch eine Änderung des Magnetfelds kleiner werden lassen. Auf diese Weise haben sie mehr Platz im Gitter und können sich etwas bewegen“, erklärt Raphael Gruber. "Dies führt ähnlich wie bei höheren Temperaturen dazu, dass die Gitterstruktur ungeordneter wird und sich schließlich gänzlich auflöst." Dank dieser Erkenntnisse könnten Skyrmionen künftig zur Datenspeicherung dienen – mit deutlich höherer Datendichte, schnellen Lese- und Schreibzugriffen und sehr guter Energieeffizienz.
"Diese spannende Arbeit ist nicht nur durch den ERC Synergy Grant 3D MAGiC unterstützt worden, sondern insbesondere auch im Rahmen des Profilbereiches TopDyn – Center for Dynamics and Topology, gefördert durch die Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz, entstanden. Topologie und die Dynamik der topologischen Eigenschaften sind zentrales Forschungsgebiet einer ganzen Reihe von Forschenden in Mainz und diese Arbeit reiht sich in weitere spannende Publikationen aus diesem Bereich ein", freut sich Kläui, der auch Direktor von TopDyn ist.