Bewerbung für den Masterstudiengang Medizinethik noch bis 1. September möglich
09.07.2009
Am 18. Juni 2009 hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Patientenverfügung beschlossen. Ist somit ein Großteil medizinethischer Fragestellungen zur Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten gelöst? Haben Ärztinnen und Ärzte nun endgültige Sicherheit in Bezug auf Therapieentscheidungen bei nicht einwilligungsfähigen Patienten? "Keinesfalls", so Prof. Dr. Norbert W. Paul, Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Universitätsmedizin Mainz. "Für Ärztinnen und Ärzte besteht die Herausforderung nicht nur in der Ermittlung des Patientenwillens unter normativen Gesichtspunkten. Es stellt sich auch die Frage nach der Umsetzung und Umsetzbarkeit des Patientenwillens, insbesondere, wenn bei vorhandenen therapeutischen Optionen ein vorausverfügter Therapieverzicht umgesetzt werden soll." Dies ist laut neuem Gesetz auch bei nicht zum Tode verlaufenden Krankheiten möglich.
An einem Fallbeispiel erläutert Prof. Dr. Paul, dass ethische Konfliktsituationen häufig genau an jener Bruchstelle zwischen allgemeiner gesetzlicher Regelung der Patientenautonomie und deren Realisierung im Einzelfall entstehen: Bei ansonsten bester Gesundheit erleidet ein 54-jähriger Mann einen Schlaganfall (Apoplex). Nach notfallmäßiger Versorgung legt die Ehefrau eine Patientenverfügung vor, in der der Patient einen weitestgehenden Behandlungsverzicht mitteilt. So sollen im Falle einer Erkrankung, die mit einer dauerhaften neurologischen Schädigung - ein Apoplex ist hier explizit genannt - einhergeht, weder Beatmung noch künstliche Ernährung durchgeführt werden. Die medizinische Prognose ist noch unklar, jedoch besteht mit entsprechender Behandlung ein plausibles Potenzial für den Patienten, rehabilitationsfähig zu werden. Dürfen oder sollen Ärzte gar in dieser Situation die Behandlung begrenzen oder abbrechen? Wie authentisch ist der vorausverfügte Wille des Patienten, wie exakt trifft er auf die konkrete Situation zu? Welche ethischen Güter sind in der Entscheidung abzuwägen? Warum genügt medizinethische Intuition nicht?
Die Kompetenzen, auch solche Fragen zu lösen, werden Studierenden in einem weiterbildenden Masterstudiengang Medizinethik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vermittelt. Der berufsbegleitende, acht Module umfassende Fernstudiengang mit Präsenzteilen befähigt Ärztinnen und Ärzte aber auch Mitglieder anderer, im Umfeld der Medizin tätiger Berufsgruppen, (medizin-)ethische Fragestellungen vor dem Hintergrund umfassender Kenntnisse im Bereich von Ethik, Anthropologie und Recht zu reflektieren. Die Lehrenden des in Kooperation mit der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen, Bad Neuenahr-Ahrweiler durchgeführten Studiengangs sind sämtlich renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen aus dem deutschsprachigen Raum. Während der erste Studienabschnitt die theoretischen Grundlagen vermittelt, werden im zweiten Studienabschnitt Themen wie Therapiezielfindung am Lebensende, Transplantationsmedizin und Humangenetik praxisnah erarbeitet. Pro Semester ist der Studiengang auf 20 Studienplätze limitiert. Eine Bewerbung für das Wintersemester 2009/10 ist noch bis zum 1. September möglich.