Carl-Zeiss-Stiftung fördert Aufbau einer gemeinsamen Einrichtung in Heidelberg, Karlsruhe und Mainz
05.03.2024
Die Anwendung und Entwicklung neuer Technologien der DNA-Synthese voranzutreiben, um den Weg für die Herstellung ganzer künstlicher Genome zu ebnen – das ist das Ziel eines neuen interdisziplinären Zentrums, das an der Universität Heidelberg, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) entsteht. Den Aufbau des Center for Synthetic Genomics fördert die Carl-Zeiss-Stiftung (CZS) über einen Zeitraum von sechs Jahren mit insgesamt zwölf Millionen Euro. Dort sollen neue Entwicklungen in der Synthetischen Genomik durch Grundlagenforschung und Technologieentwicklung unter Einsatz von Methoden der Künstlichen Intelligenz angestoßen werden. Langfristig soll es so möglich werden, lange DNA-Sequenzen für Anwendungen in der Forschung, den Nanomaterialwissenschaften oder der Medizin zu entwerfen und herzustellen. Erster Sprecher des neuen Zentrums ist der Systembiologe Prof. Dr. Michael Knop, stellvertretender Direktor des Zentrums für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH).
Waren die vergangenen zwei Jahrzehnte der Genomforschung geprägt von der Entwicklung neuer Genom-Sequenziertechniken, wird es zukünftig möglich sein, mithilfe neuartiger Verfahren der DNA-Synthese und Genomassemblierung immer schneller und einfacher Genome zu verändern oder sogar vollständig neue Genome herzustellen. Diese Vision wird in den kommenden Jahren das Carl-Zeiss-Stiftung Center for Synthetic Genomics Heidelberg – Karlsruhe – Mainz (CZS Center SynGen) verfolgen. Dazu wollen die beteiligten Forscherinnen und Forscher der drei Universitäten auch mithilfe von KI-basierten Analyse- und Modellierungsverfahren synthetische DNA-Sequenzen entwerfen, um damit das Genom von Organismen gezielt zu verändern und mit neuen Funktionalitäten zu versehen. Ziel ist es, daraus sogenannte Biologika, also biotechnologisch hergestellte Produkte, zu gewinnen. Sie sollen langfristig genutzt werden, um biobasierte Arzneien herzustellen, Gentherapien für Krankheiten zu entwickeln, Biotreibstoffe zu produzieren oder die Forschung an neuartigen Materialien voranzutreiben.
"Mit den CZS Centern bündeln wir Expertisen über Standorte und Disziplinen hinweg. Gerade die Lebenswissenschaften benötigen eine hohe Interdisziplinarität. Im CZS Center SynGen soll die Herstellung künstlicher DNA vorangetrieben und das immense Potenzial für Forschung, Medizin und darüber hinaus nutzbar gemacht werden", erklärt Dr. Felix Streiter, Geschäftsführer der Carl-Zeiss-Stiftung, die Motivation zur Förderung des zweiten CZS Centers in Deutschland.
"Die Synthetische Genomik ist ein junges, aber global rasant wachsendes Forschungsgebiet mit Transferpotenzial für verschiedene gesellschaftlich relevante Herausforderungen. In unserem neuen Zentrum bündeln wir die komplementäre Expertise der drei forschungsstarken Universitäten Heidelberg, Karlsruhe und Mainz in den Lebenswissenschaften, dem Molecular Systems Engineering und der biomedizinischen Forschung. So wollen wir alle Schritte der Synthetischen Genomik vom Design über die Herstellung bis hin zur Anwendung von synthetischen genetischen Materialien und Organismen steuern", so Zentrumssprecher Prof. Dr. Michael Knop. Dem dreiköpfigen Direktorium des CZS Center SynGen gehören außerdem Molekularbiologin Prof. Dr. Sylvia Erhardt vom Karlsruher Institut für Technologie und der biophysikalische Chemiker Prof. Dr. Edward Lemke von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz an.
Das Carl-Zeiss-Stiftung Center for Synthetic Genomics Heidelberg – Karlsruhe – Mainz hat seine Arbeit im Januar 2024 aufgenommen. An den drei Standorten arbeiten Forscherinnen und Forscher verschiedener Disziplinen zusammen, darunter aus Biologie, Biochemie, Biophysik, Biotechnologie, Synthetischer Biologie und Bioengineering, aber auch Philosophie und Rechtswissenschaft sowie Genomik, Immunologie, Epigenetik, Virologie und Data Science. Dazu sollen weitere internationale Expertinnen und Experten sowie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler für die Arbeit in dem neuen Zentrum gewonnen werden. Zudem wird in Heidelberg ein Kompetenzzentrum für die Synthese synthetischer DNA eingerichtet, das sogenannte CZS Center Synthetic DNA Accelerator Lab. In das CZS Center SynGen eingebunden sind auch Forschende des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Heidelberg Institute for Theoretical Studies ebenso wie externe Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft.
Offiziell eröffnet wurde das CZS Center SynGen im Rahmen einer Festveranstaltung an der Universität Heidelberg. Daran nahmen neben den federführenden Wissenschaftlern auch Vertreter der Carl-Zeiss-Stiftung sowie der beteiligten Universitäten teil.
Edward Lemke am Standort Mainz des neuen CZS Center SynGen
Edward Lemke ist Professor für synthetische Biophysik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Adjunct Director am Institut für Molekulare Biologie (IMB). Er ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs "Polymerkonzepte zum Verstehen zellulärer Funktionen", der im Januar 2023 unter Federführung der JGU gestartet ist. Außerdem koordiniert er das DFG-Schwerpunktprogramm "Molekulare Mechanismen funktioneller Phasenseparation" und ist leitender Wissenschaftler des Forschungsverbunds CoM2Life (Convergence Center for Life-Like Soft Materials and Biological Systems), mit dem sich die JGU in der Exzellenzstrategie um Förderung als Exzellenzcluster bewirbt. Im Jahr 2020 hat Prof. Dr. Edward Lemke einen ERC Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro für seine Forschungen erhalten.
Über die Carl-Zeiss-Stiftung
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen. Im Jahr 1889 von Physiker und Mathematiker Ernst Abbe gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert.