Sportstudierende können sich für die soziale Praxis qualifizieren – Prädikat „Sport/sozial“ eröffnet neue Berufschancen
17.10.2019
Sport übt wichtige soziale Funktionen aus und leistet einen Beitrag zur Bewältigung des Alltags, weshalb sportliche Aktivitäten auch regelmäßig in sozialen Einrichtungen auf dem Programm stehen, beispielsweise in der Flüchtlingshilfe und der Jugendsozialarbeit. "Allerdings fehlt den meisten Projekten ein passendes Konzept", bemerkt Laura Trautmann vom Institut für Sportwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Damit Sport den Menschen, die Hilfe und Unterstützung benötigen, tatsächlich zugutekommt, hat das Institut für Sportwissenschaft Anfang des Jahres das Projekt "Sport/sozial" ins Leben gerufen. Studierende entwickeln hierbei maßgeschneiderte Konzepte, um Sport im sozialen Bereich sinnvoll einzusetzen. "Lehre, Forschung und Gemeinwohlorientierung kommen hier zusammen, das nennt man Service Learning", erläutert Prof. Dr. Tim Bindel von der Abteilung Sportpädagogik und Sportdidaktik, der für die Ideengebung und Leitung des Projektes verantwortlich ist. Bereits jetzt nehmen 20 Studentinnen und Studenten daran teil, über 15 soziale Einrichtungen im Raum Mainz sind die Kooperationspartner.
"Sport in sozialer Verantwortung" immer wichtiger
Außer dem Schulsport und dem Sport in Vereinen werden in Deutschland noch in vielen anderen Bereichen und Einrichtungen sportliche Aktivitäten angeboten: im Jugendstrafvollzug, in Jugendzentren, integrativen Bewegungskindergärten, Mädchenhäusern, in der Betreuung Demenzerkrankter oder der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dem "Sport in sozialer Verantwortung", wie dieser Bereich auch genannt wird, kommt eine wachsende Bedeutung zu. "Es werden zahlreiche Praxisprojekte durchgeführt und es gibt viele Annahmen über die Wirkung von Sport, aber tatsächlich haben wir von Seiten der Wissenschaft dazu noch wenig fundierte Informationen", sagt Laura Trautmann.
An dem Projekt können Studierende des Bachelor-Studiengangs "Sport und Sportwissenschaft" teilnehmen, die vielleicht auch Interesse haben, später im sozialen Bereich zu arbeiten. Indem sie in ihrem Studium gezielt einen sozialpädagogischen Schwerpunkt setzen und sich thematisch auf den Bereich Sportpädagogik fokussieren, können sie das Zertifikat "Sport/sozial" erwerben, das ihnen später den Einstieg in einen sozialen Beruf im Sport erleichtert.
Teilhabechancen verbessern
Zu den Aufgaben der Studierenden gehört es, dass sie an einer Forschungsgruppe teilnehmen und hier konkrete Sportkonzepte für bestimmte Probleme und bestimmte Zielgruppen entwickeln. "Wir müssen Methoden finden, um auch Menschen anzusprechen, die sonst schwer erreichbar sind, zum Beispiel aus bildungsfernen Schichten oder Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung", sagt Trautmann. Wenn die Studierenden ein entsprechendes Konzept entwickelt haben, wenden sie es in einem sechswöchigen Praktikum an und werten ihre Arbeit anschließend wissenschaftlich aus. Auch die Bachelorarbeit erfolgt dann zu diesem Thema.
"Im Großraum Mainz ist das Interesse an unserem Projekt sehr groß und wir konnten für die Praktika bereits über 15 Kooperationspartner gewinnen, darunter den integrativen Kindergarten Hand in Hand auf dem Hartenberg und das MädchenHaus Mainz in der Innenstadt." Laura Trautmann erwartet, dass das Netzwerk in Zukunft noch erweitert wird und noch mehr regionale Akteure zusammenbringt, die sich austauschen und voneinander lernen können.
"Sport/sozial" ist Gewinnerprojekt des Gutenberg Lehrkollegs
Die ersten Studentinnen und Studenten werden im Februar 2020 ihr Bachelorstudium mit dem Prädikat "Sport/sozial" beenden. "Sport/sozial" gehört zu den Gewinnerprojekten 2018 des Gutenberg Lehrkollegs (GLK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und wird im Rahmen der Fördermaßnahme "Innovative Lehrprojekte" mit 60.000 Euro unterstützt.