Musikwissenschaftler legen ersten Band der Gesamtausgabe der Korrespondenz des Komponisten Gaspare Spontini vor

Briefwechsel mit Familie, Musikern, Komponisten, Politikern in Deutschland, Italien und Frankreich sowie Entscheidungsträgern des europäischen Musiklebens bietet Einblick in Spontinis Leben und Wirken

15.04.2014

Musikwissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben für ihr Projekt der Erstellung einer Gesamtausgabe der Korrespondenz des italienischen Komponisten und Dirigenten Gaspare Spontini (1774–1851) bisher rund 2.600 Briefe und Gegenbriefe aus Archiven, Bibliotheken und Privatsammlungen gesichtet. Mehr als 400 Briefe von Februar 1804 bis Mai 1820 sind jetzt mit ausführlichen Kommentaren in einem ersten Band veröffentlicht worden, der damit die zentralen Etappen in Spontinis Zeit in Frankreich umfasst. Spontini war nach Opernerfolgen in Italien im Jahr 1803 nach Paris übergesiedelt, erzielte im Folgejahr erste Erfolge mit Werken wie "Milton" und "Julie" und wurde schließlich Kammerkomponist der Kaiserin Joséphine. Mit seiner 1807 komponierten und bis heute wohl bekanntesten Oper "La Vestale" gelang ihm der glanzvolle Aufstieg zum gefeierten Komponisten in der Grand Opéra. Als einer der wichtigsten Komponisten seiner Zeit stand er dem Théâtre Italien von 1810 bis 1812 als musikalischer Leiter vor und erzielte große Erfolge an der Pariser Oper während der Restauration (1817–1819).

Die Anfänge des Spontini-Projekts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz reichen bis in die 1990er Jahre zurück. Für die Erstellung des ersten Bandes der Gesamtpublikation konnte auf die umfangreichen Vorarbeiten aus dieser Zeit zurückgegriffen werden. Hier findet sich Korrespondenz Spontinis während seiner Jahre in Frankreich mit seinen in Italien lebenden Geschwistern, Komponisten wie Antonio Salieri, Luigi Cherubini und François-Adrien Boieldieu, Sängern wie Nicola Tacchinardi und Rosa Morandi sowie Librettisten wie De Jouy und Constance de Pipelet de Leury, der späteren Fürstin zu Salm-Reifferscheidt-Dyck. Daneben stehen die herausragenden politischen Figuren der Zeit wie Napoléon Bonaparte, Kaiserin Joséphine, Prinz Eugène de Beauharnais, Vizekönig von Italien, Friedrich Wilhelm III. König von Preußen sowie verschiedene Minister der napoleonischen und postnapoleonischen Administration, darüber hinaus Musikverleger, Musikkritiker sowie die führenden Persönlichkeiten der Grand Opéra und des Théâtre Italien.

Die Brieflektüre Spontinis Pariser Jahre eröffnet Einblicke in das kulturelle Leben der napoleonischen Ära, das sich aus den Produktionsvorgängen der Pariser Musikbühnen ablesen lässt, sowie in Fragen der Aufführungspraxis, die im Zusammenhang mit dem von Spontini freudig begrüßten Mälzelschen Metronom diskutiert werden, werfen auch ein interessantes Licht auf Spontinis Werkverständnis sowie seine Konzeption des Musikwerks als geistiges Eigentum. Briefe an berühmte Sänger der Zeit illustrieren sein Bemühen, während seiner Leitung des Théâtre Italien an dem Haus ein erstklassiges Ensemble von Sängern zu installieren. Der Briefwechsel mit den Geschwistern illustriert höchst anschaulich die praktischen Folgen der Weltpolitik für die Bewohner der Marken, einer Region, die als Teil des Kirchenstaats die unmittelbaren Folgen der napoleonischen und postnapoleonischen Politik zu tragen hatte.

Das Projekt steht unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Pietschmann und Prof. Dr. Axel Beer von der Abteilung Musikwissenschaft am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Herausgeber des jetzt im Göttinger Hainholz Verlag erschienenen ersten Bandes sind Dr. Christine Mundt-Espín und Dr. Volkmar von Pechstaedt. Die beiden nächsten Bände befinden sich in Vorbereitung.