Neue Forschungserkenntnis als potenzieller Schlüssel zu neuen Therapien für allergische Erkrankungen wie Asthma
16.05.2017
Wie ein Typ von Immunzellen entsteht, der an allergischen Erkrankungen wie Asthma beteiligt ist, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz um Prof. Dr. Tobias Bopp gemeinsam mit einem Forscherteam von der Philipps-Universität Marburg herausgefunden. Die Forschungserkenntnisse wurden im renommierten Wissenschaftsjournal Nature Communications veröffentlicht.
Einerseits leisten sogenannte T-Helferzellen des Typs Th9 einen wichtigen Beitrag zur Immunabwehr des Körpers gegen Wurmbefall und Krebserkrankungen. Andererseits haben dieselben T-Helferzellen Einfluss auf Autoimmunerkrankungen und Asthma. Über diese Immunzellen weiß man, dass sie aus unreifen Vorläuferzellen hervorgehen. Auch ist bekannt, dass sie sich aufgrund äußerer Reize auf bestimmte Aktivitäten spezialisieren. Dieser Vorgang wird auch als Zell-Differenzierung bezeichnet. Dabei steuert das komplexe Zusammenspiel von Genen, wie sich die Zellen jeweils entwickeln. Das geschieht, indem sich die an diesem Prozess beteiligten Gene selbst an- oder abschalten. "Das Wissen um die genaue Funktionsweise der genetischen Steuerung der Differenzierung der T-Helferzellen bietet einen vielversprechenden Ansatzpunkt, um allergische Erkrankungen wirksam bekämpfen zu können", zeigt sich Prof. Dr. Tobias Bopp vom Institut für Immunologie überzeugt.
Vor diesem Hintergrund untersuchten die Forscher aus Mainz und Marburg das Zusammenspiel zweier Proteine. Konkret handelte es sich um die Interferon-regulierenden Faktoren IRF1 und IRF4, die an der Entwicklung von Immunzellen beteiligt sind. "Im Rahmen dieser Untersuchungen ließ sich zeigen, dass die beiden Proteine gegeneinander arbeiten, wenn sich die Th9-Zellen als ein bestimmter Typ von T-Helferzellen entwickeln", so Dr. Matthias Klein, vom Institut für Immunologie der Universitätsmedizin Mainz, der zusammen mit der Marburgerin Lucia Campos Carrascosa Erstautor der Arbeit ist. Charakteristisch für die Th9-Zellen ist die Produktion des Proteins Interleukin 9 (IL-9).
Ferner förderten die Versuchsergebnisse folgende Erkenntnisse zu Tage: IRF4 fördert die Produktion von IL-9, und IRF1 unterdrückt sie. "Diese Entdeckung legt den Schluss nahe, dass IRF1 und IRF4 um die Kopplung an das IL- 9 Gen konkurrieren", erläutert Bopp.
Für die Entstehung von Asthma spielen die gegeneinander gerichteten Aktivitäten von IRF1 und IRF4 eine wichtige Rolle, wie die Forscher ferner zeigen konnten. Im Mausmodell ließ sich der Nachweis erbringen, dass IRF1 die krankmachende Wirkung von Th9-Zellen begrenzt. Daraus lässt sich potenziell ableiten, dass sich die beiden Proteine bei von Asthma betroffenen Personen im Ungleichgewicht befinden. Das wäre auch ein möglicher Grund, weshalb sie mehr asthmaförderndes IL-9 produzieren. In jedem Fall zeigt die Studie den unmittelbaren Einfluss der Proteine IRF1 und IRF4 auf die Th9-Zellen auf. "Diese Erkenntnis bildet möglicherweise den Nährboden für neue Therapien von allergischen Erkrankungen wie Asthma", unterstreicht Bopp.
Prof. Dr. Tobias Bopp ist Leiter der Arbeitsgruppe für Molekulare Immunologie am Institut für Immunologie der Universitätsmedizin Mainz. Darüber hinaus ist er Mitglied des Leitgremiums des Forschungszentrums für Immuntherapie (FZI) an der Universitätsmedizin Mainz. Neben Bopps Arbeitsgruppe waren maßgeblich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Marburg sowie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie aus Osaka in Japan an der Veröffentlichung beteiligt; der japanische Koautor Prof. Dr. Shimon Sakaguchi zählt als Entdecker regulatorischer T-Zellen zu den Koryphäen immunologischer Forschung.
Die Von Behring-Röntgen-Stiftung, das Universitätsklinikum Gießen und Marburg, die Studienstiftung des deutschen Volkes, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie weitere Förderinstitutionen unterstützten die zugrunde liegenden Forschungsarbeiten finanziell.