Verhaltensökonomen der JGU weisen nach, dass Reform des Wohnungsvermittlungsgesetzes Mieten nicht steigen lässt / Weniger Makler beauftragt
08.10.2018
Die Einführung des so genannten "Bestellerprinzips" zum 1. Juni 2015, nach dem bei der Vermietung von Wohnungen derjenige den Makler bezahlt, der ihn beauftragt, hat zu einer Entlastung der Mieter geführt. Befürchtungen, dass die bis dahin üblicherweise vom Mieter übernommenen Kosten für den meistens vom Vermieter beauftragten Makler sich in höheren Mieten niederschlagen würden, haben sich nicht erfüllt. Zu diesem Ergebnis sind die Verhaltensökonomen Dr. Eva M. Berger und Felix Schmidt der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in einer vor kurzem veröffentlichten Studie gekommen. Wie sie in einer Schriftenreihe der Gutenberg School of Management and Economics sowie des Forschungsschwerpunkts Interdisciplinary Public Policy berichten, hatten sie rund 220.000 Wohnungsangebote des Online-Portals ImmobilienScout24 für Frankfurt am Main und Stuttgart ausgewertet. Durch den Vergleich von Angeboten, die sowohl vor dem 1. Juni 2015 als auch danach für dieselben Wohnungen gemacht worden waren, stellten sie fest, dass die Reform des Wohnungsvermittlungsgesetzes nicht zu einem zusätzlichen Anstieg der Mieten geführt hatte. Allgemein stiegen die Mieten zwar im betrachteten Zeitraum. Die Mieten der von der Reform betroffenen Wohnungen – also der Wohnungen, für welche die Mieter vorher eine Maklerprovision zu zahlen hatten – stiegen aber nicht stärker als die Mieten der anderen Wohnungen. Außerdem fanden Berger und Schmidt heraus, dass die Quote der über einen Makler vermittelten Wohnungen stark gesunken ist – von rund 60 Prozent vor der Reform auf rund 40 Prozent danach.
"Die Mieter sind durch die Reform tatsächlich entlastet worden", sagt Dr. Eva M. Berger. "Außerdem ist die ökonomisch ineffizient hohe Nachfrage nach Maklern gesenkt worden. Die Vermieter machen sich nun mehr Gedanken darüber, ob der finanzielle Aufwand für die Beauftragung eines Maklers gerechtfertigt ist." Vor der Reform hätten Vermieter häufig Makler beauftragt, obwohl ihre Wertschätzung für die Dienstleistung niedriger gewesen sei als der Preis, den die Mieter dann dafür hätten bezahlen müssen. Wie Berger und Schmidt ausführen, hätte die Reform nach klassischen ökonomischen Theorien eigentlich nicht zu einer Entlastung der Mieter führen dürfen. Diese Theorien besagten nämlich, dass die Vermieter ihre höheren Kosten als höhere Mieten weitergeben würden. Dass es dazu nicht gekommen ist, begründen Berger und Schmidt mit der schon in anderen Bereichen beobachteten Irrationalität von Marktakteuren. "Menschen reagieren eben nicht perfekt rational", sagt Berger. Faktoren wie fehlende Aufmerksamkeit für Nebenkosten oder Umrechnungsschwierigkeiten zwischen Einmalzahlungen und periodischen Zahlungen spielten auch eine Rolle. Berger und Schmidt fordern, solche verhaltensökonomischen Erkenntnisse in die Planung und Bewertung von politischen Maßnahmen einzubeziehen, weil es sonst zu falschen Prognosen und Schlussfolgerungen komme.
Auswirkungen könnte die Studie unter anderem darauf haben, ob das Bestellerprinzip künftig auch beim Immobilienverkauf gelten soll – was zurzeit vom Bundeszjustizministerium geprüft wird.