Mainzer Labore untersuchen Tuberkulose-Material aus rheinland-pfälzischem Partnerland Ruanda

Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene beteiligt sich an Tuberkulose-Studie in Ruanda

26.09.2006

Tuberkulose ist die weltweit bedeutendste Infektionskrankheit. Jährlich sterben daran fast zwei Millionen Menschen und die Anzahl der Neuerkrankungen nimmt nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich um 0,6 Prozent zu. Die Krankheit zeigt sich bei etwa 80 Prozent der Betroffenen als Lungentuberkulose, sie kann aber auch jedes andere Organ befallen und weist daher sehr verschiedene Ausprägungen auf. "Tuberkulose ist weltweit gesehen die häufigste bakteriell bedingte Todesursache", erläutert Dr. Ekkehard Siegel vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Wir wollen hier in Mainz versuchen, einen Beitrag zur Aufdeckung der Übertragungswege zu leisten." Der Mediziner hat auf eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) die Untersuchung von infizierten Proben aus Ruanda übernommen, um eine mögliche Übertragung der Tuberkelbazillen von Rindern auf den Menschen zu erkunden.

Nach Angaben der WHO ist ein Drittel der Weltbevölkerung mit dem Erreger von Tuberkulose (Tbc) infiziert. Fünf bis zehn Prozent der Infizierten, wobei HIV-Patienten nicht mitgerechnet sind, werden zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben krank oder infektiös. Die WHO schätzt, dass im Jahr 2004 etwa 8,9 Millionen Menschen neu an Tuberkulose erkrankt sind. Mit rund 95 Prozent der Erkrankungen sind die Entwicklungsländer am stärksten betroffen. Im Jahr 2004 sind 1,7 Millionen Menschen an Tuberkulose gestorben.

Die Ansteckung mit Tbc erfolgt in der Regel über Tröpfcheninfektion: Bei einer infektiösen Lungentuberkulose, auch offene Tuberkulose genannt, können die Erreger durch Husten, Auswurf oder Schnupfen in die Luft gelangen, in der sie über längere Zeit infektiös bleiben und bereits in kleiner Menge ansteckend wirken. Ob es dann zu einer Erkrankung kommt, hängt hauptsächlich vom Immunsystem ab: Ein geschwächtes Immunsystem, wie etwa bei AIDS-Patienten, ist wesentlich anfälliger. Ein weiterer Infektionsweg erfolgt über erkrankte Rinder und das Trinken von nicht pasteurisierter Milch. In Mitteleuropa ist dieser Übertragungsweg nach Angaben des Robert Koch-Instituts nicht mehr von Bedeutung, weil der Rinderbestand weitgehend tuberkulosefrei ist. In Entwicklungsländern wie Ruanda ist dies anders.

In Ruanda in Ostafrika, das seit 1982 mit Rheinland-Pfalz partnerschaftlich verbunden ist, tritt Tuberkulose, wie in anderen afrikanischen Ländern auch, häufig als Koinfektion bei HIV-Patienten auf. Statistiken zufolge erkranken im Monatsdurchschnitt 600 Menschen neu an Tbc. Welchen Anteil daran die Übertragung von Rinder-Tbc hat, ist vollkommen unbekannt. Dies soll nun mit einer Studie zur Bedeutung des Rinderbakteriums Mycobacterium bovis an der humanen Tbc ermittelt werden. An der Studie beteiligt sind das Nationale Referenzlaboratorium in Kigali, das Integrierte Nationale Programm gegen Lepra und Tuberkulose, die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und hinsichtlich der Labortests das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der JGU. "Wir bekommen vom Referenzlaboratorium in Kigali Tuberkulose-Kulturen, die von Personen mit Verdacht auf Tuberkulose, vor allem Lungentuberkulose, gewonnen wurden", erklärt Siegel. "Dieses Material untersuchen wir und differenzieren die Erreger in Mycobacterium tuberculosis, den häufigsten Verursacher der Krankheit, das von Rindern stammende Mycobacterium bovis und in andere, seltenere Formen."

Die ersten Proben für die Untersuchungen, die zum Selbstkostenpreis erfolgen, sind in Mainz schon eingetroffen. "Wir selbst arbeiten ohne jeden Gewinn und bekommen die Testkits von Hain Lifescience sehr günstig zur Verfügung gestellt", erläutert Siegel. Weil das Material hochinfektiös ist, erfolgen die Arbeiten unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. "Das ist für uns nichts Ungewöhnliches, weil wir solche Untersuchungen routinemäßig durchführen und dafür speziell ausgestattet sind." Eineinhalb Jahre wird es nun dauern, bis die Studie abgeschlossen ist und Ergebnisse vorliegen.

Die Verantwortlichen hoffen dann Klarheit zu haben, ob es überhaupt sinnvoll wäre, in die Bekämpfung der Rinder-Tbc zu investieren. Dieser Übertragungsweg trifft vor allem Neugeborene und sehr kleine Kinder, die mit Milch gefüttert werden und dann häufig noch vor Diagnosestellung an Hirnhautentzündung versterben. Aber auch wenn sich herausstellen sollte, dass eine Bekämpfung des Übertragungswegs von Mensch zu Mensch dringlicher oder erfolgversprechender ist, so wird die Studie in jedem Fall dazu beitragen, die nationalen Tbc-, HIV- und Agrarprogramme besser aufeinander abzustimmen und so die Erkrankung effizienter zu bekämpfen.