Ehrung für neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Prostatakrebsforschung
21.10.2013
PD Dr. Christian Thomas von der Urologischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat den mit 15.000 Euro dotierten Maximilian-Nitze-Preis der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) erhalten. Die im Rahmen des DGU-Kongresses in Dresden verliehene Auszeichnung erhält er für seine wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Prostatakrebsforschung. Seine Forschungserkenntnisse sind potenziell die Grundlage für neue therapeutische Ansätze, mit denen sich das Fortschreiten eines Prostatakarzinoms in metastasiertem Stadium verzögern lässt.
Die Therapieerfolge bei lokalisiertem Prostatakrebs sind beachtlich: Rund 70-80 Prozent der behandelten Patienten können dauerhaft geheilt werden. In etwa 20-30 Prozent der Fälle kommt es jedoch zu einem Rückfall, einem sog. Rezidiv des Tumors. Ein Großteil dieser Patienten entwickelt im Krankheitsverlauf Metastasen ohne Aussicht auf Heilung. Sobald Metastasen auftreten, sind die Therapieoptionen stark limitiert.
Vor diesem Hintergrund zielt die Forschung von PD Dr. Christian Thomas darauf ab, die Aussagekraft etablierter klinischer Diagnose- und Prognoseparameter durch Ergänzung neuartiger Biomarker zu optimieren und neue therapeutische Wege aufzuzeigen. Ein therapeutischer Ansatz besteht beispielsweise darin, die biochemischen Signalwege des Prostatakarzinoms zu kontrollieren und durch eine spezifische medikamentöse Therapie zu hemmen. "Es ist uns tatsächlich gelungen, das Wachstum der Tumorzellen aufzuhalten. Dadurch können wir das Fortschreiten des Prostatakarzinoms in metastasiertem Stadium verzögern", so Thomas. "Die Ergebnisse sind vielversprechend für Prostatakarzinompatienten. Sie versetzen uns zudem in die Lage, das Risiko für einen Rückfall künftig präziser einschätzen zu können."
Konkret untersuchte der Mainzer Krebsforscher in einem ersten Schritt bewährte Verfahren wie etwa den Gleason Score zur Prognose des Prostatakarzinoms. "Ein wichtiges Ergebnis war, dass die Risikoeinschätzung des Prostatakarzinom mittels Gleason Score an Grenzen stößt", berichtet Thomas. Das Gleason Score-Verfahren sieht eine feingewebliche Beurteilung der Tumoraggressivität vor.
In einem zweiten Schritt untersuchte Thomas zwei neuartige Biomarker für Prostatakrebs. Dabei handelte es sich zum einen um den sog. Urokinase-Plasminogen-Aktivator (UPA)-Rezeptor in zirkulierenden Tumorzellen, die mit dem Blutstrom ins Knochenmark gespült werden und sich dort ablagern. Der UPA-Rezeptor hat grundsätzlich die Funktion, zwischen Zellen liegende Bindegewebsanteile aufzulockern. Dabei nahm Thomas folgenden Wirkzusammenhang an: Der UPA-Rezeptor löst bei der zirkulierenden Tumorzelle die Metastasenentwicklung aus. Zum anderen fokussierte er sich als zweiten Biomarker auf das Protein Stat5. Normalerweise ist Stat5 in Zellen für die Regulierung von Zellteilung und Zellwachstum zuständig. Beim Prostatakarzinom wird angenommen, dass sich der Tumor diese Eigenschaften zunutze macht und durch vermehrte Bildung von Stat5 das Tumorfortschreiten anregt.
Die Untersuchungen zeigten dass, sobald sich der UPA-Rezeptor in zirkulierenden Tumorzellen nachweisen lässt, dadurch eine schlechtere Prognose des Prostatakarzinoms bedingt ist, und dass sich umso mehr Stat5 im Prostatagewebe befindet, je aggressiver und fortgeschrittener das Prostatakarzinom ist.
Anschließend untersuchte Thomas in zwei experimentellen therapeutischen Studien die Möglichkeit der Ausschaltung von Stat5 und des Zellstoffwechselenzyms L-Dopa-Decarboxylase (DDC) durch die Verabreichung von Medikamenten. DDC kann ebenso wie Stat5 bei Überstimulation das Prostatakarzinomwachstum beschleunigen. Durch Untersuchungen in der Zellkultur und in Modellversuchen konnte PD. Dr. Christian Thomas nachweisen, dass die medikamentöse Ausschaltung von Stat5 mittels Stat5-Antisense, einem molekularbiologischen Verfahren, um die Aktivität des Stat5-Gens zu blockieren, einen hemmenden Einfluss auf das Prostatakarzinomwachstum im fortgeschrittenen Stadium hat. Außerdem fand er heraus, dass sich durch die Ausschaltung von DDC die antitumoröse Wirkung des klinisch etablierten Antiandrogens Bicalutamid signifikant steigern lässt. Um DDC auszuschalten, verwendete er das Medikament Carbidopa.
"Die neuen Erkenntnisse ermöglichen künftig eine verbesserte Risikostratifizierung. Zudem ist insbesondere im metastasierten Stadium eine effektivere Systemtherapie zu erwarten", unterstreicht PD Dr. Christian Thomas.