Ethanol begünstigt die Produktion von Sauerstoffradikalen / Publikation in Scientific Reports
17.11.2016
Ein schwaches Herz ist nicht mehr in der Lage, ausreichend Blut durch den Körper zu pumpen. In Deutschland leiden schätzungsweise 1,8 Millionen Menschen unter einer Herzschwäche. Bei einem Fünftel der Betroffenen ohne Herzinfarkt in der Vorgeschichte ist Alkoholmissbrauch die Ursache der Herzschwäche. Eine Forschergruppe des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz konnte zeigen, wie Ethanol die Produktion von Sauerstoffradikalen mit verheerenden Folgen begünstigt. Denn Sauerstoffradikale beeinträchtigen die Funktion der Mitochondrien als "Kraftwerke" der Zellen und Energieversorger für den Herzmuskel. Es kommt zu einem Absterben der Herzmuskelzellen und einer irreparablen Schädigung des Herzmuskels. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden im renommierten Journal Scientific Reports veröffentlicht, das durch die Nature Publishing Group herausgegeben wird.
Dass regelmäßiger Alkoholkonsum zu einer Schädigung des Herzmuskels und schließlich zu einer Herzmuskelschwäche – der alkoholischen Kardiomyopathie – führen kann, ist nicht neu. Obwohl vermutet wurde, dass Stoffwechselprodukte des Trinkalkohols Ethanol eine wichtige Rolle in der Entstehung der alkoholischen Kardiomyopathie spielen, blieb jedoch der genaue Entstehungsmechanismus bis zuletzt ungeklärt.
Wissenschaftlern aus der Arbeitsgruppe des Mainzer Kardiologen Prof. Dr. Philip Wenzel ist es nun gelungen, diesen Mechanismus erstmalig genau zu beschreiben. Sie wiesen nach, dass in den Herzmuskelzellen Ethanol durch das Abbauprodukt Acetaldehyd – über die Aktivierung eines bestimmten Enzyms (NADPH-Oxidase, NOX2) – zu einer vermehrten Produktion von Sauerstoffradikalen führt. "Wir konnten zeigen, dass diese Sauerstoffradikale wiederum die Funktion der Mitochondrien als 'Kraftwerke' der Zelle stören. Damit können die Mitochondrien ihrer wichtigsten Aufgabe, Energie in den Herzmuskelzellen bereit zu stellen, nicht nachkommen", erklärt Wenzel. Durch das Fehlen von chemischer Energie, so eine zentrale Erkenntnis der Studie, wird zunächst die Fähigkeit der Herzmuskelzellen zum Zusammenziehen beeinträchtigt. Im weiteren Verlauf sterben die Zellen ab und werden durch Narbengewebe ersetzt. Es kommt zur irreparablen Schädigung des Herzmuskels und somit zur chronischen Herzinsuffizienz.
"Wir hoffen, dass wir durch Aufdeckung dieser Mechanismen der alkoholischen Herzmuskelschädigung die Aufklärung und Therapie von Patienten mit übermäßigem Alkoholkonsum verbessern können", so Dr. Moritz Brandt, der Erstautor der Studie. Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), betont: "Die hervorragenden Bedingungen am Centrum für Translationale Vaskuläre Biologie in Mainz haben diese Studie mit unmittelbarem Bezug zur Patientenversorgung erst möglich gemacht."