WissenschaftsCampus Mainz/Frankfurt als Zentrum für Byzanzforschung langfristig etabliert

Breite Plattform für interdisziplinäre Byzanzforschung bündelt Kompetenz in der Rhein-Main-Region

03.07.2025

Der im Jahr 2011 gegründete Leibniz-WissenschaftsCampus "Byzanz zwischen Orient und Okzident – Mainz/Frankfurt" hat zum 30. Juni 2025 erfolgreich seine zweite Förderphase durch die Leibniz-Gemeinschaft beendet. Die Kooperation des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA), des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte (IEG) sowie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Goethe-Universität Frankfurt hat sich in den vergangenen Jahren als international vernetztes Forschungs- und Ausbildungszentrum zu byzantinischen Studien im Rhein-Main-Gebiet etabliert – und wird auch über das Förderende hinaus langfristig fortgeführt.

Das Byzantinische Reich spielte bei der Entstehung des modernen Europa und des Vorderen Orients eine herausragende Rolle. Zwischen dem 4. und 12. Jahrhundert setzte diese Kultur in allen Lebensbereichen Maßstäbe und beeinflusste auch Nachbarstaaten wesentlich. Damit bildete Byzanz eine Brücke von der Antike in die Neuzeit und gleichzeitig von Europa in den Orient. In Gestalt der orthodoxen Kirche ist das byzantinische Erbe in vielen Staaten bis heute präsent. Doch trotz ihrer historischen Bedeutung fristet die Erforschung der byzantinischen Geschichte und Kultur in Deutschland ein Nischendasein – obwohl das byzantinische Element vor dem Hintergrund des europäischen Einigungsprozesses ein neues Gewicht bekommt.

Etabliertes Zentrum für Byzanzforschung

Mit dem WissenschaftsCampus Mainz/Frankfurt wurde eine breite Plattform für interdisziplinäre Byzanzforschung institutionell etabliert. Beteiligt sind sämtliche Fächer, die zur Erforschung des Byzantinischen Reichs und seiner Kultur beitragen. Dadurch ermöglicht der Verbund themenorientierte, multidisziplinäre, historisch-kulturwissenschaftliche Forschung unter einem Dach und bewirkt durch einen gemeinsamen Auftritt der Byzanzforschung eine bessere Sichtbarkeit dieses Fachgebiets.

"Durch die engagierte Arbeit aller Beteiligten und mithilfe der langjährigen finanziellen Förderung der Leibniz-Gemeinschaft und der beteiligten Partner ist es uns gelungen, in den vergangenen 14 Jahren ein international anerkanntes Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung im Rhein-Main-Gebiet aufzubauen. Die enge Zusammenarbeit verschiedenster Disziplinen hat wesentlich zu einem dringend benötigten Perspektivwechsel hinsichtlich der Rolle von Byzanz als Mittler zwischen Orient und Okzident beigetragen," resümiert Prof. Dr. Alexandra W. Busch, Sprecherin des WissenschaftsCampus Byzanz und Generaldirektorin des LEIZA.

Diesen Aspekt betont auch Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch von der JGU, Sprecher des Graduiertenkollegs "Byzanz und die euromediterranen Kriegskulturen" und Mitglied des Vorstands des WissenschaftsCampus: "Die Erweiterung der Europäischen Union um Länder mit byzantinischem Kulturerbe, der immer noch von überholten Stereotypen geprägte westliche Blick auf das östliche Europa sowie die Präsenz von Menschen in Mittel- und Westeuropa, deren kulturelle Wurzeln unmittelbar von Byzanz geprägt wurden, verdeutlichen: Die traditionell westeuropäische Perspektive auf die Entwicklung der europäischen Geschichte und Kultur muss geweitet werden."

Gebündelte Kompetenz in der Rhein-Main-Region

Zu den bedeutendsten Errungenschaften der zweiten Leibniz-Förderphase von 2019 bis 2025 zählt vor allem  die Schaffung von Strukturen für Forschung und Lehre in der Region: So wurde an der JGU das erste von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte transdisziplinäre Graduiertenkolleg zur Bedeutung der byzantinischen Kultur für Europa verlängert. Auch der internationale Masterstudiengang "Byzantine Studies. Perspectives on the Global Middle Ages" an der JGU wurde akkreditiert. Prof. Dr. Dirk Wicke von der Goethe-Universität Frankfurt, ebenfalls Vorstandsmitglied des WissenschaftsCampus, hebt zudem hervor: "Durch die gezielte Einrichtung einer Juniorprofessur für islamische Archäologie und Kunstgeschichte an der Goethe-Universität aus Mitteln der VolkswagenStiftung wurde das Spektrum der Fächer, die in der Byzanzforschung aktiv sind, in der Region maßgeblich erweitert."

Perspektive über die Leibniz-Förderung hinaus

Die beteiligten Institutionen werden auch nach dem Auslaufen der Leibniz-Förderung ihre Zusammenarbeit fortsetzen. Ziel ist es, das Netzwerk um weitere nationale Partner auszubauen und das Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung dauerhaft zu etablieren. Dazu sollen auch in Zukunft gemeinsame Forschungs- und Transferprojekte realisiert sowie koordinierte Drittmittelanträge gestellt werden. Auch die bald mehr als 30 Bände umfassende und international beachtete Publikationsreihe "Byzanz zwischen Orient und Okzident" wird fortgeführt.

Leibniz-WissenschaftsCampi

Das Kooperationsmodell "WissenschaftsCampus" wurde von der Leibniz-Gemeinschaft ins Leben gerufen, um Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in thematischen Schwerpunkten zu vernetzen. Der Leibniz-WissenschaftsCampus – Byzanz zwischen Orient und Okzident – Mainz war eine der ersten Initiativen dieser Art. Gegründet 2011, wurden nach einer Anschubfinanzierung der Leibniz-Gemeinschaft und einer Anschlussförderung durch das Land Rheinland-Pfalz in zwei erfolgreichen Förderphasen – von 2015 bis 2019 und von 2019 bis 2025 – die regionalen Kompetenzen zu einem deutschlandweit einzigartigen und international vernetzten Zentrum für interdisziplinäre Byzanzforschung zusammengeführt. Die Fördersumme durch die Leibniz-Gemeinschaft belief sich auf insgesamt rund 2,3 Millionen Euro.