Johannes Gutenberg-Universität Mainz bietet erstes Fernstudium Biologie in Deutschland an

Kooperation zwischen Pharmaindustrie, Wissenschaftsverlag und Universität

21.03.2002

Das erste Fernstudium Biologie in Deutschland schließt eine Marktlücke. In der berufsbegleitenden Weiterbildung erhalten Laboranten und Technische Assistenten aus den Bereichen Biologie, Chemie, Medizin, Pharmazie oder verwandten Berufen in vier Jahren fundiertes theoretisches Fachwissen. "Durch diese Qualifikation lässt sich die Distanz zu den theoretisch versierten Vorgesetzten überwinden, was Vorteile für alle bringt", erklärt der Dekan des Fachbereichs Biologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), Prof. Dr. Jürgen Markl. "So können Laboranten Arbeitsschritte besser verstehen und interpretieren, sie können konstruktiver mitreden und schließlich eigenverantwortlich und selbstständig planen und agieren." Die ersten Absolventinnen und Absolventen des Programms haben jetzt ihr Zertifikat erhalten. "Unser Hauptmotiv ist die fundierte fachliche Weiterbildung, wodurch wir im Betrieb auch in der Wertschätzung steigen und letztlich zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes beitragen", so Sabine Terhardt-Krabbe und Martina Barg, zwei Teilnehmerinnen der ersten Stunde.

Der Fachbereich Biologie betritt mit seinem Fernstudium Neuland gleich in mehrerer Hinsicht: Zum einen ist es das erste Fernstudium Biologie in Deutschland, zudem ist es das erste Fernstudium an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz überhaupt und schließlich basiert es auf der ersten Kooperation dieser Art zwischen der Pharmaindustrie, einem Wissenschaftsverlag und einer Universität.

Anfang 1997 hatte die Geschäftsführung des Pharmakonzerns Bayer beschlossen, aufgrund der zunehmenden Komplexität der täglichen Laborprozesse in den sich rasant entwickelnden biologischen Bereichen das biotechnische Laborpersonal im Rahmen einer berufsbegleitenden Weiterbildung an das fachlich-theoretische Niveau US-amerikanischer "Technicians" heranzuführen. Allerdings war ein solches Fernstudium auf dem Markt nicht vorhanden und etablierte Fernstudienveranstalter konnten in dem gesteckten Zeitrahmen kein tragfähiges Konzept anbieten. In dieser Situation entwickelte Spektrum Akademischer Verlag als bedeutendster deutscher Verlag für biowissenschaftliche Fachliteratur in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Biologen Prof. Dr. Jürgen Markl nach den Vorgaben von Bayer in nur sechs Monaten dieses Fernstudium. "Und das sehr erfolgreich", so Dr. Thomas Krahn von der Bayer AG in Wuppertal. "Das Fernstudium ergänzt in idealer Weise die überwiegend praktische Ausbildung der Laborantinnen und Laboranten durch eine theoretische, die etwa dem Niveau eines Biologie-Vordiploms entspricht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können die neu erworbenen Kenntnisse laufend in die Praxis umsetzen und langsam in neue Aufgaben hineinwachsen."

Neuartige "Biologie-Bibel" ermöglichte rasche Entwicklung

"Das große Problem bei der Entwicklung eines solchen Studiengangs sind normalerweise die Inhalte", berichtet Dr. Ursula Loos, die bei Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, für die Organisation des Fernstudiums verantwortlich ist. Einen Großteil der Inhalte konnte der Verlag jedoch aus dem Stand liefern und zwar in Form des 1997 von Prof. Dr. Jürgen Markl herausgegeben Lehrbuchs "Biologie". Von dieser bunt illustrierten, 1.400 Seiten starken "Biologie-Bibel" – im Original ein Bestseller des Amerikaners Neil Campbell – verkauften sich seither 47.000 deutschsprachige Exemplare.

Persönliche Betreuung motiviert und unterstützt

Das Fernstudium Biologie richtet sich an berufstätige Biolaboranten und verwandte Berufe. Es wird auch häufig während der Erziehungszeit genutzt, um sich für den Wiedereinstieg in den Berufsalltag zu qualifizieren. Es dauert vier Jahre und umfasst 88 Studieneinheiten, für deren Bearbeitung jeweils 14 Tage oder etwa 20 Arbeitsstunden vorgesehen sind, die abends oder am Wochenende investiert werden. Die Inhalte jeder Studieneinheit werden entweder als Kombination aus Lehrbuchkapiteln plus Lehrbegleitheft oder als Lehrheft vermittelt. Dies wird ergänzt durch Hausaufgaben, die per E-Mail von den Dozentinnen und Dozenten korrigiert werden, sowie durch ein zweistündiges Tutorium pro Studieneinheit, zu dem sich die Teilnehmer gruppenweise alle 14 Tage treffen. Die Leistungskontrolle erfolgt in Form von insgesamt 15 einstündigen Klausuren, mit denen die 15 Module des Fernstudiums abgeprüft werden. Die Kosten für den Fernstudiengang betragen rund 17.000 Euro.

Während der gesamten Studienzeit werden die Fernstudierenden umfassend betreut. Die Studierenden werden als Gasthörer an der JGU eingeschrieben. Ein Team aus Professoren, wissenschaftlichen Assistenten und Verlagsmitarbeitern steht den Studierenden jederzeit persönlich, telefonisch oder per E-Mail als Ansprechpartner zur Verfügung. "Diese ausgesprochen persönliche Betreuung motiviert und unterstützt die Studierenden und gehört zum Selbstverständnis des Fernstudienprogramms", erklärt Dr. Ursula Loos.

Quereinstieg in Bachelorstudiengang möglich

Die ersten Absolventen des vierjährigen Fernstudiums haben im Dezember 2001 ihr Zertifikat erhalten und sind derzeit im Rahmen eines weiterführenden Präsenzkurses zu Gast am Fachbereich. Bisher nutzen das Programm rund 120 Studierende, die fast alle in der pharmazeutischen Großindustrie arbeiten. Weitere 40 Teilnehmer werden das Fernstudium im zweiten Quartal 2002 aufnehmen. Das Zertifikat ermöglicht einen Quereinstieg in den neuen Bachelorstudiengang "Molekulare Biologie", der auch Präsenzkurse in Mainz beinhaltet. "So können die Fernstudierenden in einem weiteren Jahr einen international anerkannten Hochschulabschluss erreichen", so Prof. Dr. Jürgen Markl.