Festkörperphysiker Mathias Kläui erhält ERC Proof of Concept Grant für Entwicklung neuartiger Magnetsensoren für Anwendungen mit Tausenden Umdrehungen

EU-Förderung zielt auf Brückenschlag von Grundlagenforschung zu kommerzieller Anwendung

03.03.2015

Für die Entwicklung eines neuartigen Magnetsensors erhält Prof. Dr. Mathias Kläui vom Institut für Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eine Förderung durch den Europäischen Forschungsrat. Damit wird er die Idee weiterverfolgen, einen Sensor zu entwickeln, der eine große Anzahl von Umdrehungen erfassen kann. Die Bauteile sollen in der Automobilindustrie oder in der Automationstechnik zum Einsatz kommen und dort die bisher verwendeten energiehungrigen Sensoren ersetzen. Die Förderung erfolgt als Proof of Concept Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council – ERC) in Höhe von 150.000 Euro und basiert auf den grundlegenden Erkenntnissen, die Kläui im Rahmen seines ERC Starting Grant gewinnen konnte. Die neuen Magnetsensoren sollen den Erwartungen zufolge in 18 Monaten nach Projektstart für erste Pilotanwendungen in der Industrie zur Verfügung stehen.

Herkömmliche Magnetsensoren, die zur genauen Bestimmung von Winkelpositionen verwendet werden, haben den Nachteil, dass sie nur Winkel zwischen 0 Grad und 360 Grad messen können. Sie sind also nicht in der Lage, mehr als eine Umdrehung zu ermitteln und beispielsweise zwischen einem Winkel von 10 Grad und 370 Grad zu unterscheiden. Bei vielen technischen Anwendungen wie etwa bei einem Lenkrad finden aber mehrere Umdrehungen statt. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Mathias Kläui hat hierfür ein Konzept entwickelt, das auf der Bewegung von Domänenwänden beruht. Aktuell sind entsprechende Multiturn-Winkelsensoren für bis zu 16 Umdrehungen kommerziell verfügbar. Das neue Projekt geht darüber hinaus und wird mit einer innovativen Geometrie eine viel größere Anzahl von Umdrehungen messbar machen, was beispielsweise in der Automatisierungstechnik wichtig ist.

"Wir haben bereits Erfahrungen gesammelt und im Labor die Grundlagenphysik für den neuen Sensor validiert. Jetzt müssen wir sehen, dass dieser auch im industriellen Maßstab und zu günstigen Kosten hergestellt werden kann", so Kläui.

Das neue Bauteil mit der Bezeichnung MultiRevolution-Sensor wird keinen Strom für die Erfassung und Speicherung der Daten benötigen, sondern lediglich für das gelegentliche Auslesen des Umdrehungszählers. Für die Industrie bietet die neue Technologie maßgebliche Vorteile, weil aktuell verfügbare teure und komplexe nichtmagnetische Sensoren, die einen Winkelsensor mit einem nicht-flüchtigen Speicher kombinieren, durch ein einfaches, energiesparendes magnetisches Element ersetzt werden können. Es wird erwartet, dass sich andererseits der Markt für Sensoren auf mikromagnetischer Basis damit wesentlich vergrößert, weil nicht nur eine oder wenige Umdrehungen, sondern Tausende von Umdrehungen erfasst und neue Anwendungsmöglichkeiten erschlossen werden können.

Der Europäische Forschungsrat hat die neue Förderinitiative Proof of Concept Grant im Jahr 2011 eingeführt. Es können sich nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bewerben, die bereits einen ERC Grant eingeworben haben und die aus dem Projekt entstandenen Ideen in Innovationen überführen möchten. Prof. Dr. Mathias Kläui hatte zuvor einen ERC Starting Grant für das Projekt "Spin currents in magnetic nanostructures" (MASPIC) erhalten. Kläui hat seit 2011 eine Professur am Institut für Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz inne und ist seit dem Jahr 2012 Direktor der Exzellenz-Graduiertenschule Materials Science in Mainz (MAINZ). Im Juli 2014 wurde Kläui zum Sprecher des Leitungsgremiums des Gutenberg Nachwuchskollegs (GNK) gewählt, das sich der Förderung herausragender Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler an der JGU widmet.