Forschungsprojekt untersucht, wie harmonisches Zusammenleben von Menschen und Robotern im öffentlichen Raum gelingen kann
27.06.2024
Was haben Psychologinnen und Psychologen mit der Entwicklung und dem Design von innovativen Technologien wie beispielsweise Robotern zu tun? Eine ganze Menge – letztlich reicht es heutzutage längst nicht mehr aus, dass Technologien einfach nur funktionieren. Sie sollten auch intuitiv für den Menschen bedienbar sein. "Wenn der Mensch und seine Bedürfnisse beim Design von Technologien mitgedacht werden, die Technik also für und mit dem Menschen entwickelt wird, spricht man von menschzentrierter Technikgestaltung", so Prof. Dr. Johannes Kraus, seit Oktober 2023 Juniorprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Das bedeutet, dass wir uns im besten Falle anschauen, was Menschen von einem technischen System wie einem Smartphone, einer Maschine auf der Arbeit oder eben einem Roboter brauchen, welche Aufgaben sie mit ihm erledigen wollen und welche Anforderungen, Wünsche oder Ängste bei der Nutzung dieser Systeme ins Gewicht fallen." Und hier kommt die Psychologie ins Spiel, die sich mit der Mensch-Technik-Interaktion als einem wichtigen Anwendungsfeld beschäftigt. Dieser Bereich wird als Ingenieurpsychologie oder Human Factors bezeichnet.
Neue Juniorprofessur in der Abteilung Allgemeine Experimentelle Psychologie
Mit dem Ruf von Johannes Kraus auf die Juniorprofessur Anwendungsorientierte Kognitionspsychologie mit Schwerpunkt Human Factors in der Abteilung Allgemeine Experimentelle Psychologie wird auch ein großer Teil des Projekts ZEN-MRI an die JGU transferiert. Die Abkürzung ZEN-MRI steht dabei für den Projektnamen "Ulmer Zentrum zur Erforschung und Evaluation der Mensch-Roboter-Interaktion im öffentlichen Raum". Johannes Kraus erläutert: "Die Ulmer Universität war meine alte Wirkungsstätte und das Testfeld des Projekts verbleibt auch in Ulm. An der JGU werde ich nun aber meine Forschung mit dem Schwerpunkt zu psychologischen Prozessen der Interaktion mit intelligenter Technik – etwa KI-Software, automatisierte Fahrzeuge oder Roboter – fortführen und zusammen mit meinem Team deutlich ausbauen."
Unterstützt wird Prof. Dr. Johannes Kraus bei seiner Arbeit schon jetzt durch Dr. Marlene Wessels, die gerade ihre Promotion in der Abteilung Allgemeine Experimentelle Psychologie abgeschlossen hat. Seit dem Projektstart von ZEN-MRI an der JGU im März 2024 bereichert sie Kraus' Team und bringt ihre Expertise im Bereich der experimentellen Untersuchung von Interaktionsstrategien mithilfe von Virtual Reality (VR) ein. "Wir bauen derzeit ein Labor auf, in dem wir in virtuellen Umgebungen untersuchen können, wie Menschen auf unterschiedliche Roboter in verschiedenen Situationen reagieren. Zum Beispiel schauen wir uns an, wie nah oder schnell Roboter an Menschen heranfahren dürfen, ohne dass sich die Menschen unwohl fühlen, und wie laut Roboter sein dürfen, um als sicher und gleichzeitig als angenehm empfunden zu werden", berichtet Wessels.
Kooperationsprojekt vom BMBF gefördert
Das Projekt ZEN-MRI wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis Ende August 2025 gefördert und ist eine Kooperation zwischen den Universitäten Mainz und Ulm, dem Institut für Digitale Ethik der Hochschule der Medien Stuttgart, der Stadt Ulm, der Firma Adlatus Robotics GmbH, die die untersuchten Roboter herstellt, sowie dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Die Kooperationspartner untersuchen, wie ein harmonisches Zusammenleben zwischen Menschen und Roboter im öffentlichen Raum gelingen kann. Dabei adressiert das Projekt Fragen dazu, wie Roboter gestaltet sein sollten, wie sie sich verhalten sollten oder auch welche Informationen an die Bürgerinnen und Bürger vermittelt werden sollten, damit sie den Robotern mit realistischen Erwartungen begegnen können. Ziel ist es, diese Fragen auch für kritische Situationen zu beantworten, sodass die Roboter zu möglichst störungsfreien und im optimalen Fall sogar liebenswerten Zeitgenossen werden können. Ein weiteres wichtiges Ziel des Projekts ist die Förderung von Barrierefreiheit und inklusiver Gestaltung der Mensch-Roboter-Interaktion. Vor diesem Hintergrund wird aktuell eine Studie mit seheingeschränkten Personen zu deren besonderen Anforderungen an die Roboter im öffentlichen Raum durchgeführt.
Miteinander von Mensch und intelligenter Technik vorantreiben
Im Laufe der nächsten Wochen wird das Labor nicht nur mit einem modernen VR-Setup ausgestattet, sondern auch mit mehreren realen Robotern, die in wissenschaftlichen Studien als Interaktionspartner genutzt werden. Auch das wissenschaftliche Team um Prof. Dr. Johannes Kraus wird mit zwei weiteren Promovierenden wachsen. "Ich freue mich darauf, zusammen mit meinem Team in Mainz die Forschung zum Miteinander zwischen Menschen und intelligenter Technik voranzutreiben."