Feuchte Perioden auf der gesamten Arabischen Halbinsel bereits vor rund acht Millionen Jahren und damit früher als bislang bekannt
09.04.2025
PRESSEMITTEILUNG DES MAX-PLANCK-INSTITUTS FÜR CHEMIE
Mineralablagerungen aus Tropfsteinhöhlen zeigen, dass das Landesinnere des heutigen Saudi-Arabiens im Laufe der letzten acht Millionen Jahre immer wieder und über kürzere Zeiträume feucht und grün war. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz konnte mit Unterstützung der saudischen Kulturerbe-Kommission und des saudischen Kulturministeriums das Klima der Arabischen Wüste mithilfe von Isotopenanalysen rekonstruieren. Die Forschenden schlussfolgern, dass das ausgedehnte Trockengebiet zwischen Afrika und Eurasien nicht immer ein unüberwindbares Hindernis für Menschen und Tiere war.
Die Arabische Wüste ist eine der größten geografischen Barrieren der Erde, die die Ausbreitung von Tieren zwischen Afrika und Eurasien behindert. Die riesige Trockenwüste, die sich von der östlichen Sahara bis zur Arabischen Halbinsel erstreckt, ist mindestens elf Millionen Jahre alt. Wie also haben Säugetiere und auch unsere Vorfahren dieses unwirtliche Gebiet durchquert, um von Afrika nach Eurasien zu gelangen?
Bislang war wenig über das frühere Klima der Arabischen Halbinsel bekannt, da Analysen von Paläoklimaarchiven wie etwa von Tropfsteinen bisher fehlten. Fossilienfunde belegen jedoch, dass hier vor etwa 400.000 Jahren wasserabhängige Tiere wie Krokodile und Nilpferde lebten. Frühere Untersuchungen aus dem Oman und aus Jemen ließen dort auf wiederkehrende feuchtere Klimaphasen bis vor 1,1 Millionen Jahren schließen. Auch von der Sahara ist bekannt, dass sie in der Vergangenheit immer wieder ergrünte.
Eine neue Studie in Nature zeigt nun, dass regenreiche Phasen auf der Arabischen Halbinsel über einen viel längeren Zeitraum und zudem wesentlich weiter nördlich auftraten als bislang angenommen. Demnach erlebte Arabien während der vergangenen acht Millionen Jahre wiederholt niederschlagsreiche Perioden und war wahrscheinlich üppig begrünt. Die feuchten Zeitfenster umfassten jeweils mehrere Jahrtausende und ermöglichten es vermutlich, dass Tiere und unsere Vorfahren die Arabische Halbinsel besiedelten und zwischen Afrika und Eurasien migrierten. Die Ursache der wasserreichen Zeiten sind laut Studie tropische Niederschläge, die aber über die Jahrmillionen schwankten und insgesamt immer schwächer wurden.
Erste Analysen von Tropfsteinen aus sieben saudi-arabischen Höhlen
Das fand ein internationales Forscherteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz mit Beteiligung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Goethe-Universität Frankfurt heraus. Unterstützt wurde das Team von der saudischen Kulturerbe-Kommission und dem saudischen Kulturministerium. Die Forschenden untersuchten dazu Stalagmiten und Stalaktiten aus sieben saudi-arabischen Tropfsteinhöhlen und ermittelten anhand von Isotopenanalysen, in welchen Zeiträumen das Klima auf der Arabischen Halbinsel feuchter war.
Konkret konnten mehrere zeitliche Phasen identifiziert werden, in denen Tropfsteine wuchsen, es in der Arabischen Wüste also geregnet haben muss: Die älteste niederschlagsreiche Periode wiesen die Forschenden für die Zeit um 7,5 Millionen Jahren vor unserer Zeit nach. Weitere feuchte Phasen identifizierten sie in der Zeit vor etwa zwei Millionen Jahren, als die ersten menschlichen Vorfahren in Asien auftauchten. Diese regenreichen Zeiten sind für die Menschheitsgeschichte somit von besonderer Bedeutung.
"Die wiederkehrenden feuchteren Bedingungen auf der Arabischen Halbinsel sind nicht nur klimatologisch interessant," so Dr. Hubert Vonhof, Gruppenleiter am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie und Mitautor der neuen Studie. "Da die Arabische Wüste in den letzten acht Millionen Jahren immer trockener wurde, waren diese erdgeschichtlich kurzen Zeitfenster mit feuchteren Bedingungen für die Wanderung von Säugetieren zwischen Afrika und Eurasien wohl umso wichtiger. Das galt wahrscheinlich auch für unsere menschlichen Vorfahren," ergänzt der Geologe.
Niederschläge nahmen ab, weil sich der Monsungürtel nach Süden verlagerte
"Arabien wurde bei der Frage, wie Säugetiere und Hominiden von Afrika nach Eurasien gewandert sind, traditionell übersehen, aber Studien wie unsere belegen zunehmend die zentrale Rolle der Region," ordnet Faisal al-Jibrin, leitender Archäologe der saudischen Kulturerbe-Kommission, ein.
"Wir konnten das Hydroklima der Arabischen Halbinsel umfassender als je zuvor erforschen und haben festgestellt, dass sich in den letzten acht Millionen Jahren der Monsunregen nach Süden verlagerte, wodurch die Niederschläge während der feuchten Zeitintervalle immer mehr abnahmen. Insgesamt wurde es auf der Arabischen Halbinsel immer trockener," so Dr. Monika Markowska. Die Erstautorin war als Postdoc am Max-Planck-Institut für Chemie tätig und ist jetzt Senior Research Fellow der Royal Society an der University of Northumbria in England. Laut der Geochemikerin wurde der Verlust des Monsunregens über Arabien letztlich durch die Abkühlung der Nordhalbkugel der Erde verursacht, was den Monsungürtel nach Süden verschob.
Ob das Klima der Arabischen Halbinsel mit dem menschengemachten Klimawandel wieder feuchter wird, ist eine offene Forschungsfrage. Auch in der Vergangenheit ging ein wärmeres Klima nicht immer mit mehr Niederschlägen auf der Arabischen Halbinsel einher. Wie sich das Klima entwickeln wird, hängt neben der menschengemachten Erderwärmung von einigen anderen Faktoren wie den periodischen Schwankungen der Erdumlaufbahn und -neigung ab und lässt sich daher nur schwer voraussagen. "Derzeit deutet die Studienlage jedoch daraufhin, dass die Arabische Halbinsel mit dem Klimawandel keiner regenreicheren Zukunft entgegengeht," so Dr. Hubert Vonhof.
Tropfsteine dokumentieren Temperatur und Niederschlag vergangener Zeiten
Tropfsteine, sogenannte Speläotheme, sind hervorragende Klimaarchive, da sich die chemische Zusammensetzung des Kalziumkarbonats der Speläotheme mit den klimatischen Bedingungen über der Höhle ändert. Durch die Analyse der Kalksteinablagerungen können Forschende das Umgebungsklima mit Temperatur und Niederschlagsmuster zur Zeit der Entstehung des Speläothems direkt bestimmen. Sie wachsen nur, wenn genügend Regenwasser durch die Erde sickert und Kalziumkarbonat aus dem Kalkgestein löst. Tropft dieses Wasser dann in eine darunter liegende Höhle, kristallisiert das Kalziumkarbonat erneut und lagert sich Schicht für Schicht an der Decke oder am Boden ab. Geologen sprechen von Stalaktiten und Stalagmiten.
Die Altersbestimmung von Tropfsteinen gelang den Forschenden in Zusammenarbeit mit Spezialisten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Goethe-Universität Frankfurt durch radiometrische Datierungen. Sie basieren auf dem radioaktiven Zerfall von natürlich vorkommenden Uran-Isotopen, die mit Wasser in die Höhlen eindrangen und sich in Tropfsteinen ablagerten. Bestimmt man die Ausgangs- und Zerfallsisotope, kann man das Alter der Kalkbildung bestimmen.
Versteinertes Wasser weist auf Monsunregenfälle hin
Winzige Regenwassereinschlüsse in den Speläothemen halfen den Paläoklimaforschern festzustellen, dass sich die Regenfälle aus dem von Süden kommenden Monsun gespeist haben müssen. Aus der Isotopenzusammensetzung der Elemente Sauerstoff und Wasserstoff lässt sich nämlich herleiten, aus welcher geografischen Region Wasser stammt.