DFG genehmigt neues Graduiertenkolleg auf dem Gebiet der Chromosomenbiologie zur Erforschung von R-Loops

Neues Mainzer Graduiertenkolleg "R-loop Regulation in Robustness and Resilience" (4R) widmet sich hochaktuellem Forschungsfeld

08.05.2023

Die Lebenswissenschaften in Mainz befinden sich weiter im Aufwind: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ein neues Graduiertenkolleg auf dem Gebiet der Chromosomenbiologie bewilligt, das von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in enger Abstimmung mit dem Institut für Molekulare Biologie (IMB) beantragt wurde. Das Graduiertenkolleg mit der Bezeichnung "R-loop Regulation in Robustness and Resilience" (4R) wird sich mit speziellen RNA-DNA-Hybriden befassen, die als "R-Schleifen" oder "R-Loops" bezeichnet werden und die sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Zelle haben können. Im Rahmen von 4R werden ab Herbst zwölf Promotionsstudierende auf diesem Gebiet arbeiten. "Es ist ein absolut innovatives Forschungsfeld, auf dem in den vergangenen fünf Jahren bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen wurden. Wir freuen uns, dass wir hier mit dem Graduiertenkolleg unsere intensiven Forschungsarbeiten fortführen können", sagt Prof. Dr. Brian Luke, der Sprecher des neuen Graduiertenkollegs und Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie stellvertretender wissenschaftlicher Direktor am Institut für Molekulare Biologie. Die DFG unterstützt das Projekt in den ersten fünf Jahren mit rund 8,3 Millionen Euro (einschließlich Programmpauschale).

Offene Fragen zu Nutzen und Schaden von R-Loops im Forschungsfokus

RNA-DNA-Hybride sind Verbindungen zwischen den beiden ähnlich aufgebauten Molekülsträngen RNA und DNA, die zunächst nur als eine Form der DNA-Schädigung angesehen wurden. Aber es hat sich gezeigt, dass RNA-DNA-Hybride auch positive Funktionen haben können. Eine spezielle Form dieser Hybriden sind R-Loops, die aus drei Strängen bestehen: aus zwei DNA- und einem RNA-Strang, wobei einer der DNA-Stränge verschoben wurde und eine Schleife bildet. "Früher wurden die R-Loops als ein Nebenprodukt bei der Biosynthese von RNA aufgefasst. Man dachte, RNA würde an einem DNA-Strang hängen bleiben und dadurch Brüche der DNA und Schäden an den Chromosomen hervorrufen", erklärt Brian Luke. In der Folge können entzündliche Erkrankungen, Krebs und Alterung begünstigt werden. Neuere Erkenntnisse gehen jedoch davon aus, dass nicht die R-Loops an sich die Probleme verursachen, sondern nur wenn sie sich "zur falschen Zeit an der falschen Stelle befinden, weil sie nicht rechtzeitig entfernt wurden", so Brian Luke. Er weist außerdem darauf hin, dass R-Loops, die übrigens nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Tieren, Pflanzen und Bakterien vorkommen, bei wichtigen Prozessen eine prominente Rolle spielen: der DNA-Reparatur, der Verlängerung von Telomeren und der Genregulation.

Mainzer Graduiertenkolleg mit fachübergreifender Beteiligung

Das Graduiertenkolleg (GRK) besteht aus zwölf verschiedenen Arbeitsgruppen, damit die Doktorandinnen und Doktoranden außer der Regulierung von R-Schleifen noch möglichst viele andere biochemische Prozesse kennenlernen. Unter den zwölf Arbeitsgruppen sind außer den Beteiligten vom Fachbereich Biologie der JGU und vom IMB auch zwei Gruppen der Universitätsmedizin Mainz, um die Chancen für etwaige translationale Anwendungen zu erhöhen. "Es handelt sich hier um deutschlandweit das erste Graduiertenkolleg mit einem gezielten Fokus auf der Biologie von R-Schleifen", sagt IMB-Exekutivdirektor Prof. Dr. René Ketting, stellvertretender Sprecher des GRK. "Die R-Loops stehen seit Kurzem in der Chromosomenbiologie im Brennpunkt des Interesses und wir hoffen, damit in Zukunft besser zu verstehen, was in der Zelle genau vor sich geht."

Zu diesem Zweck wird das GRK auch molekulare Werkzeuge und Methoden entwickeln, um die Lage von R-Loops im gesamten Genom weiter zu charakterisieren und den Unterschied zwischen geplanten und ungeplanten R-Loops besser zu verstehen. "Es gibt eine beträchtliche Wissenslücke, warum die R-Loops manchmal Gutes tun und manchmal Schaden anrichten", so Brian Luke. "Offenbar ist die Regulierung dieser Strukturen dafür entscheidend, aber auch sehr kompliziert. Wir haben hier hochaktuelle, relevante Forschungsaufgaben vor uns."

4R ist bereits zweites Graduiertenkolleg in enger Kooperation von JGU und IMB

Bei 4R handelt es sich bereits um das zweite Graduiertenkolleg, das der Fachbereich Biologie der JGU und das IMB mit Förderung der DFG einrichten konnten. 2019 wurde das GRK "Gene Regulation in Evolution: From Molecular to Extended Phenotypes" (GenEvo) bewilligt. Das wissenschaftliche Ziel von GenEvo ist es, ein besseres Verständnis der Evolution von komplexen und mehrschichtigen genregulatorischen Systemen zu gewinnen.

Über das Institut für Molekulare Biologie gGmbH

Das Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB) ist ein Exzellenzzentrum der Lebenswissenschaften, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eröffnet wurde. Die Forschung am IMB konzentriert sich auf drei aktuelle Gebiete: Epigenetik, Entwicklungsbiologie und Genomstabilität. Das Institut ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer privaten Stiftung und öffentlichen Einrichtungen: Die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) hat sich verpflichtet, die Grundfinanzierung des IMB von 2009 bis 2027 mit insgesamt 154 Millionen Euro zu fördern. Das moderne Forschungsgebäude wurde mit 50 Millionen Euro durch das Land Rheinland-Pfalz finanziert. Von Herbst 2020 bis Mitte 2027 stellt das Land 52 Millionen Euro zur Grundfinanzierung des IMB bereit.