Förderung für Schwerpunktprogramm "Chemische Biologie natürlicher Nukleinsäure-Modifikationen" bewilligt
10.04.2014
In den letzten Jahren wurde deutlich, dass der genetische Code wesentlich komplexer ist als bisher angenommen. Außer den allseits bekannten vier Bausteinen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin enthält die Erbinformation zahlreiche chemische Veränderungen. Die neu entdeckten Nukleinsäure-Modifikationen bilden nach Ansicht von Wissenschaftlern vielleicht eine zweite Informationsschicht, die den genetischen Code erweitert und ergänzt. "Die neuen Entdeckungen können wir mit Umlauten vergleichen, die das normale Alphabet erweitern", veranschaulicht Prof. Dr. Mark Helm vom Institut für Pharmazie und Biochemie - Therapeutische Lebenswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Helm ist Koordinator des Schwerpunktprogramms "Chemische Biologie natürlicher Nukleinsäure-Modifikationen", das die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) jetzt bewilligt hat.
Das überregionale DFG-Schwerpunktprogramm wird 2015 seine Arbeit aufnehmen und anschließend für voraussichtlich sechs Jahre von der DFG gefördert. "Wir haben in Deutschland bei allen Schlüsselbereichen dieses Forschungsgebiets international herausragende Kapazitäten und möchten daher die Thematik in einem deutschlandweiten Verbundnetz beforschen", erläutert Helm. Die Entschlüsselung der Informationen, die in den modifizierten DNA- und RNA-Basen und -Nukleosiden stecken, gilt derzeit als eines der heißesten Themen in der chemischen Biologie.
Bis zum Jahr 2009 waren die Wissenschaftler davon überzeugt, dass es lediglich der vier Watson-Crick-Basen plus einer fünften Base mit der Bezeichnung "5-Methylcytosin" bedarf, um das Leben zu decodieren. In der Zwischenzeit sind in schneller Folge drei weitere Modifikationen in der DNA entdeckt worden, die wahrscheinlich als Schalter fungieren, um die Genfunktion zu regulieren. Je nachdem können Gene stillgelegt oder aktiviert werden. "Wir haben hier einen völlig neuen Codiermechanismus, der unserer Aufmerksamkeit bisher entgangen ist", so Helm. Hingegen ist schon seit einiger Zeit bekannt, dass die RNA – zuständig für die Umsetzung des genetischen Codes in Eiweißbausteine – mehr als 150 verschiedene modifizierte Nukleoside enthält, allerdings ist deren Funktion wiederum größtenteils unbekannt.
Das neue Forschungsnetzwerk soll den molekularen Details der Modifikationen natürlicher Nukleinsäuren auf den Grund gehen. Dazu gehört u.a., die Modifikationen zu finden und zu erkennen, sie zu lokalisieren und zu quantifizieren sowie ihre Struktur und Funktion aufzuklären. Hierzu sollen zunächst chemische und strukturbiologische Methoden zur Anwendung kommen, um in Verbundprojekten die Anwendung zu den Lebenswissenschaften zu ermöglichen. Die Ausschreibung für die einzelnen Projekte des innovativen und stark interdisziplinären Forschungsprojekts erfolgt durch die DFG.