Brennpunkt Mainzer City – Langzeitstudie zur Entwicklung der Innenstadt 2009

Teil IV: Kritik am Einzelhandelsangebot in der Mainzer Innenstadt nimmt stark zu

10.11.2009

Obwohl die Mainzer Innenstadt als attraktiv gilt und der dortige Einzelhandel gute Noten erhält, gibt es vieles, was die Besucher des Mainzer Stadtzentrums stört. Dies zeigte sich bei der jüngsten Untersuchung des Geographischen Instituts der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die Erhebung ist Teil einer Langzeitstudie zur Entwicklung der Mainzer City, die seit 2003 im Abstand von zwei Jahren unter Leitung von Prof. Günter Meyer durchgeführt wird. Dabei stellen Studierende der Geographie jeweils mehr als 2.500 Passanten in den Hauptgeschäftsstraßen unter anderem die Frage: "Was stört Sie am meisten in der Mainzer Innenstadt?"

Die meiste Kritik in diesem Jahr entzündet sich an Mängeln im City-Einzelhandel. Insgesamt 708 Passanten stören sich daran. Das bedeutet einen kräftigen Anstieg im Vergleich zur letzten Untersuchung im Jahr 2007: Damals wurden Mängel im Einzelhandel nur von 390 Befragten genannt. Vor allem die Kritik an Ramsch- und Billigläden ist deutlich angestiegen. Dieser Punkt stört 275 Innenstadtbesucher statt 184 Passanten bei der vorangegangenen Erhebung. Am stärksten zugenommen von 26 auf 124 Nennungen hat die Kritik an der unzureichenden Auswahl und der zu geringen Vielfalt des Einzelhandelsangebots.

Mehr als dreimal so viele Passanten wie vor zwei Jahren bemängeln, dass es zu wenige Fachgeschäfte und Boutiquen gibt (99 Nennungen) und dass alteingesessene Geschäfte schließen (55), während die Filialläden zunehmen und dadurch in der Mainzer Innenstadt die Monotonie ebenso wie in anderen Citys wächst (49). An leer stehenden Läden stören sich 45 Passanten. Dagegen haben die Klagen über uneinheitliche und zu kurze Öffnungszeiten (19) erheblich abgenommen.

Den zweiten Rang unter den Hauptkritikpunkten belegt die Struktur der City. Hier ist innerhalb der letzten zwei Jahre ein beträchtlicher Anstieg von 226 auf 317 Nennungen zu verzeichnen. Die Innenstadtbesucher stören sich daran, dass die City zu weitläufig ist und die Distanzen zu groß sind (150). Deutlich gewachsen ist auch die Zahl der Passanten, die die nicht zusammenhängende und unübersichtliche Struktur der City kritisieren (106). Dem Problem sollte durch die auffällige Pflasterung der City-Meile begegnet werden und tatsächlich wurde nach deren Fertigstellung dieser Kritikpunkt in den vorherigen Untersuchungen immer seltener genannt. Die jüngste Trendwende deutet darauf hin, dass die erhofften Effekte der City-Meile jetzt offensichtlich weniger wahrgenommen werden.

Die Kritik am Verkehr weist eine rückläufige Tendenz auf. Hier ist innerhalb der letzten zwei Jahre eine Abnahme von 360 auf 271 Nennungen zu verzeichnen. Während zu viel Verkehr in der Innenstadt, besonders in der Ludwigsstraße, von 105 Interviewten beklagt wird und damit etwa auf dem Niveau früherer Untersuchungen verharrt, erregen die Radfahrer in der Fußgängerzone den Unwillen von weniger Innenstadtbesuchern als zuvor: Nachdem sich die Zahl der Kritiker vor zwei Jahren, als große Teile der Fußgängerzone für den Radverkehr geöffnet wurden, mehr als verdreifacht hatte, deutet der jüngste Rückgang von 103 auf 71 Nennungen eine leichte Abschwächung dieses Problems an.

Auf Rang vier der Kritikliste folgen architektonische und bauliche Mängel der Innenstadt mit einem leichten Anstieg im Vergleich zu früheren Untersuchungen (267 Nennungen). Besonders an den Pavillons in der Ludwigsstraße und der Gestaltung des Gutenbergplatzes stören sich viele Befragte, während andere die unattraktive oder unebene Pflasterung in den City-Straßen bemängeln.

Den fünften Platz nimmt die Kritik an der innerstädtischen Parkplatzsituation ein. Hier ist die Zahl der Nennungen mit 238 weiterhin leicht gewachsen. Bemängelt werden sowohl ein unzureichendes Parkplatzangebot (110) als auch zu hohe Parkgebühren (100) und zu wenige Abstellmöglichkeiten für Fahrräder (28).

Die mangelhafte Sauberkeit in der Innenstadt erregt den Unwillen von 174 Interviewten. Seit 2003 geht hier die Zahl der Nennungen kontinuierlich zurück. Durch Abfall verschmutzte Straßen und Plätze, speziell Verunreinigungen durch weg-geworfene Zigarettenkippen und Kaugummi, Tauben und Hundekot sowie überfüllte oder fehlende Abfallbehälter und Aschenbecher verärgern die Innenstadtbesucher.

163 befragte Passanten - etwa ebenso viele wie zwei Jahre zuvor - stören sich an der Atmosphäre in der Innenstadt, die damit auf Rang sieben der Kritikliste landet. Manche der Befragten halten das Stadtzentrum für provinziell und langweilig (50). Andere bemängeln, dass sich zu viele Passanten in den Hauptgeschäftsstraßen drängeln würden, es dort zu laut sei und die Menschen zu unfreundlich oder zu spießig seien. Erstmals wird in sieben Fällen auch die Kriminalität angesprochen.

Die Kritik an der Belästigung durch Baustellen im Stadtzentrum ist von Rang vier auf Platz acht zurückgegangen und hat sich im Vergleich zu 2007 von 229 auf 154 Nennungen verringert.

Angestiegen ist dagegen die Zahl der Befragten, die es stört, dass es zu wenig Bäume, Grünflächen und Blumen in der Innenstadt gibt (107).

Randgruppen wie Bettler und Obdachlose erregen nur noch halb so häufig den An-stoß der City-Besucher (61).

Mängel in Gastronomie (58) werden etwa eben ebenso oft genannt wie zwei Jahre zuvor. Zu wenige (Eis-)Cafés, Restaurants und Biergärten, aber auch zu viele Imbissstände und Schnellrestaurants sorgen für Verärgerung.

Auf Rang zwölf wird schließlich mit rückläufiger Tendenz vor allem von älteren Menschen kritisiert, dass es zu wenig Sitzgelegenheiten in der Innenstadt gibt (39).