BASE eröffnet neue Möglichkeiten für die Suche nach kalter Dunkler Materie

Arbeitsgruppe am Exzellenzcluster PRISMA+ der Johannes Gutenberg-Universität Mainz an Publikation in Physical Review Letters beteiligt

25.01.2021

Das Baryon-Antibaryon-Symmetrie-Experiment (BASE) am Antiprotonen-Entschleuniger des CERN hat neue Grenzen für die Stärke festgelegt, mit der sich Axion-ähnliche Teilchen in Photonen, die Teilchen des Lichts, verwandeln können. Dies ist besonders bemerkenswert, da BASE nicht für solche Untersuchungen konzipiert wurde. Das neue Ergebnis des Experiments, veröffentlicht in Physical Review Letters, beschreibt diese bahnbrechende Methode und eröffnet neue experimentelle Möglichkeiten für die Suche nach kalter Dunkler Materie.

"BASE verfügt über extrem empfindliche Detektionssysteme mit abgestimmten supraleitenden Schwingkreisen, um die Eigenschaften einzelner gefangener Antiprotonen zu untersuchen. Wir haben erkannt, dass diese Detektoren auch für die Suche nach Signalen von anderen Teilchen als denen, die von Antiprotonen in Fallen erzeugt werden, geeignet sind. In dieser kürzlich veröffentlichten Arbeit haben wir einen unserer Detektoren als Antenne benutzt, um nach einer neuen Art von Axion-ähnlichen Teilchen zu suchen", erklärt CERN-Forschungsstipendiat Jack Devlin, der am BASE-Experiment arbeitet.

Axionen oder Axion-ähnliche Teilchen sind Kandidaten für kalte Dunkle Materie. Aufgrund astrophysikalischer Beobachtungen geht man davon aus, dass etwa 26,8 Prozent des Materie-Energie-Gehalts des Universums aus Dunkler Materie bestehen. Diese unbekannten Teilchen spüren die Schwerkraft, reagieren aber kaum auf die anderen fundamentalen Kräfte, wenn sie diese überhaupt erfahren. Die etablierte Theorie der fundamentalen Kräfte und Teilchen, das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, enthält keine Teilchen mit den passenden Eigenschaften für kalte Dunkle Materie. Da das Standardmodell jedoch viele Fragen unbeantwortet lässt, haben Physiker Theorien vorgeschlagen, die darüber hinausgehen und von denen einige die Natur der Dunklen Materie erklären. Manche dieser Theorien schlagen die Existenz von Axionen oder Axion-ähnlichen Teilchen vor. Diese Theorien müssen getestet werden und auf der ganzen Welt gibt es viele Experimente, die nach diesen Teilchen suchen, auch am CERN. BASE hat zum ersten Mal die Detektoren, die zum Nachweis einzelner Antiprotonen entwickelt wurden, für die Suche nach Dunkler Materie eingesetzt.

Supraleitende Detektoren können winzige elektrische Ströme nachweisen

Im Vergleich zu den großen Detektoren am LHC ist BASE ein wesentlich kleineres Experiment. Der Antiprotonen-Entschleuniger des CERN versorgt das Experiment mit Antiprotonen. BASE fängt diese Teilchen ein und speichert sie in einer Penningfalle, einer Kombination aus elektrischen und starken magnetischen Feldern. Um Kollisionen mit gewöhnlicher Materie zu vermeiden, wird die Falle bei etwa 5 Kelvin (etwa minus 268 Grad Celsius) betrieben, wo extrem niedrige Drücke, ähnlich denen im Weltraum, erreicht werden (10 bis 18 Millibar). In dieser extrem gut isolierten Umgebung können Wolken von gefangenen Antiprotonen über Jahre hinweg existieren. Durch sorgfältiges Einstellen der elektrischen Felder können die Physikerinnen und Physiker bei BASE einzelne Antiprotonen isolieren und in einen separaten Teil des Experiments bringen. In diesem Bereich können sehr empfindliche resonante supraleitende Detektoren die winzigen elektrischen Ströme nachweisen, die von einzelnen Antiprotonen erzeugt werden, während sie sich in der Falle bewegen.

In der nun veröffentlichten Arbeit suchte das BASE-Team nach unerwarteten elektrischen Signalen in ihren empfindlichen Antiprotonendetektoren. Das Herzstück jedes Detektors ist eine kleine, etwa vier Zentimeter durchmessende, Torus-förmige Spule aus supraleitendem Draht, die ähnlich aussieht wie die Transformatorspulen, die man in vielen gewöhnlichen elektronischen Geräten findet. Die BASE-Detektoren sind jedoch supraleitend, haben also fast keinen elektrischen Widerstand, und alle umgebenden Komponenten sind sorgfältig so gewählt, dass sie keine elektrischen Verluste verursachen. Das macht die BASE-Detektoren extrem empfindlich gegenüber elektromagnetischen Hochfrequenzfeldern. In der vorliegenden Arbeit nutzten die Physiker erstmals das in der Penningfalle gespeicherte Antiproton als Quantensensor, um das Hintergrundrauschen ihres Detektors genau zu kalibrieren. Dann begannen sie, nach ungewöhnlichen, aber schwachen Signalen zu suchen, die möglicherweise von Axion-ähnlichen Teilchen und ihren möglichen Wechselwirkungen mit Photonen verursacht werden. Im untersuchten Frequenzbereich wurde bisher kein Axion-artiges Signal nachgewiesen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass es BASE gelungen ist, neue Grenzen für die Stärke der Wechselwirkung zwischen Axion-artigen Teilchen und Photonen festzulegen und die Wechselwirkung mit erhöhter Empfindlichkeit für einen gewissen Massenbereich des Axions auszuschließen.

Künftig können sich auch Penningfallen-Experimente an der Suche nach Dunkler Materie beteiligen

Mit dieser Studie eröffnet BASE anderen Penningfallen-Experimenten die Möglichkeit, sich an der Suche nach Dunkler Materie zu beteiligen. Verschiedene Änderungen können vorgenommen werden, um die Detektionsempfindlichkeit weiter zu verbessern und so in Zukunft empfindlichere Schranken an die Konversion der hypothetischen Axion-ähnlichen Teilchen in Photonen zu setzen. "Mit dieser neuen Technik haben wir zwei bisher nicht miteinander verbundene Zweige der Experimentalphysik kombiniert: die Axion-Physik und die Hochpräzisions-Penningfallen-Physik. Unser Laborexperiment ist komplementär zu astrophysikalischen Experimenten und besonders empfindlich im niedrigen Axion-Massenbereich. Mit einem eigens dafür gebauten Messinstrument könnten wir die Bandbreite und Empfindlichkeit erhöhen, um die Landschaft der Axion-Suche mit Penningfallen-Techniken zu erweitern", hofft Dr. Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Kollaboration.

Die Arbeit wurde von Mitgliedern der BASE-Kollaboration durchgeführt. BASE besteht aus Wissenschaftlern des RIKEN Fundamental Symmetries Laboratory in Japan, vom europäischen Kernforschungszentrum CERN, dem Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg (MPIK), der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), dem Helmholtz-Institut Mainz (HIM), der Universität Tokio, dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung Darmstadt, der Leibniz Universität Hannover und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) Braunschweig. Die Forschung wurde als Teil des Max-Planck-RIKEN-PTB-Center for Time, Constants and Fundamental Symmetries durchgeführt, einer Gruppe von international etablierten Wissenschaftlern, die Methoden der Präzisionsphysik verwenden, um fundamentale Symmetrien zu testen.