Ziel: Nicht-CO₂-Effekte der Luftfahrt reduzieren
25.03.2025
PRESSEMITTEILUNG DES DEUTSCHEN ZENTRUMS FÜR LUFT- UND RAUMFAHRT (DLR)
Nachhaltige Kraftstoffe für die Luftfahrt – oder Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF – spielen für die Reduzierung der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs in den nächsten Jahren eine zentrale Rolle. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat in einer Studie sechs Maßnahmen identifiziert, wie mit SAF eine möglichst schnelle Reduktion erreicht werden kann. Eine dieser Minderungsoptionen ist das gezielte SAF-Design für eine geringere Rußbildung. Aber welche Kraftstoffe sind aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung am besten dafür geeignet, Nicht-CO2-Klimaeffekte zu minimieren? Diese Frage soll das von Airbus geleitete EU-Projekt PACIFIC – kurz für "Particle emissions, Air Quality and Climate Impact related to Fuel Composition and Engine Cycle" – beantworten. In diesem Projekt kooperiert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Rolls-Royce, Biokraftstoffhersteller Neste und weiteren Beteiligten, um zehn sorgfältig ausgewählte SAF-Varianten im Hinblick auf ihre Rußentwicklung sowie ihre Reduktionspotenziale testen und bewerten zu können. Das Projekt wird von der EU mit rund fünf Millionen Euro gefördert und hat eine Laufzeit von dreieinhalb Jahren.
Sabine Klauke, Chief Technology Officer von Airbus, betont: "Der Umgang mit den Nicht-CO2-Emissionen des Luftverkehrs ist von entscheidender Bedeutung auf unserem Weg zu einer wirklich nachhaltigen Luftfahrt. Durch wissenschaftlich fundierte Ansätze und innovative Technologien wollen wir diese Auswirkungen minimieren und gleichzeitig die betriebliche Effizienz aufrechterhalten. Im Rahmen des PACIFIC-Projekts werden die Nicht-CO2-Emissionen, die von verschiedenen SAF-Zusammensetzungen ausgehen, quantifiziert und gemessen. Mithilfe eines innovativen Bodenexperimentierverfahrens werden wir in der Lage sein, die Bedingungen ohne Verzögerung zu reproduzieren und bei Bedarf zu wiederholen. Wir freuen uns auf die Ergebnisse dieses mehrjährigen Projekts."
Umfangreiche Tests an Hochdruckprüfständen und am Flugzeug
Im Rahmen des Projekts werden die SAF-Varianten erstmals unter realistischen Bedingungen detailliert untersucht und direkt miteinander verglichen. Dazu werden diese Kraftstoffe zunächst am Ein-Düsen-Sektor-Prüfstand des DLR-Instituts für Antriebstechnik in Köln getestet. Anschließend analysieren die Forschenden drei ausgewählte SAF-Zusammensetzungen näher bei realen Reiseflugbedingungen in einer Brennkammer am Hochdruck-Brennkammer-Prüfstand HBK1. In beiden Versuchsumgebungen setzt das Forschungsteam eine spezielle Messtechnik ein, um die Rußpartikel im Abgas zu analysieren. Dabei untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl die Konzentration als auch die Partikelgrößenverteilung für die verschiedenen Kraftstoffe.
Das DLR-Institut für Verbrennungstechnik steuert seine Laserdiagnostik für die Untersuchungen bei. Ausgewählte Kraftstoffe werden zudem mit der Universität Helsinki auf ihren Einfluss auf die Entstehung von Eiskristallen überprüft. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) berechnet unter Berücksichtigung der Bodenmessung dann die Klimawirkung der bei unterschiedlicher Kraftstoffzusammensetzung entstehenden Kondensstreifen. Geplant sind zusätzlich Boden-Emissionsmessungen an einem A350 bei Airbus in Toulouse mithilfe des mobilen Messfahrzeugs des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik.
"Die Klimawirkung des Luftverkehrs wird geprägt von CO2-Effekten und auch von Nicht-CO2-Effekten", eklärt Dr. Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt. "Dabei wird die Größe des Einflusses durch die chemische Zusammensetzung des Brennstoffs, die Verbrennungsvorgänge in den Triebwerken und die Interaktion der ausgestoßenen Emissionen mit der umgebenden Luft bestimmt. Mit unserem vielfältigen Engagement im EU-Projekt PACIFIC wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern aus Luftfahrtindustrie und Luftfahrtforschung die klimawärmende Wirkung von Kondensstreifen optimal reduzieren. Mit dem Einsatz bestmöglich ausgewählter SAF-Zusammensetzungen bereiten wir den Weg für eine klimaverträgliche Luftfahrt, bei der die Nicht-CO2-Effekte und der CO2-Fußabdruck des Fliegens deutlich verringert sind."
Daten fließen in digitales Designtool für Kraftstoffe ein
Das DLR-Institut für Verbrennungstechnik arbeitet intensiv daran, die Rußneigung von Kraftstoffen auf Basis der Zusammensetzung vorhersagen zu können. Dafür nutzen die Forscherinnen und Forscher die Modelle der Simfuel®-Plattform und deren Datenbank, in der inzwischen die Daten von mehr als 15.000 konventionellen Jet-Kraftstoffen und mehr als 450 neuartigen Kraftstoffen sowie zahlreiche Analysen der wichtigsten Molekülgruppen und Modelle für Stoffeigenschaften gespeichert sind. Mithilfe von Machine-Learning-Modellen für Stoff- und Performance-Eigenschaften ermöglicht diese Datenbank die Vorhersage von Treibstoffverhalten in technisch relevanten Prozessen. Sie wird nun im Zuge des Projekts "Yield Sooting Indices" (YSI) um reale Kraftstoffe erweitert. Dies geschieht mithilfe laserbasierter Labormessungen.
"Der Grundgedanke ist, den Einfluss der Treibstoffzusammensetzung vom Grundlagenexperiment über Prüfstandversuche bis zum realen Verhalten in einem Flugzeug zu untersuchen", berichtet Dr. Georg Eckel, DLR-Projektleiter bei PACIFIC. "So wollen wir Verständnislücken aus den bisherigen Flugversuchen schließen. Ein weiterer Vorteil ist, dass das DLR nebenbei auch das Treibstoffdesigntool DLR Simfuel®-Plattform verbessern kann." Ziel ist es, effiziente und gleichzeitig nachhaltige Kraftstoffe zu designen, die eine minimale Klimawirkung haben und auch eine Verbesserung der lokalen Luftqualität an Flughäfen mit sich bringen. Das EU-Projekt PACIFIC leistet hier einen wichtigen Beitrag.