Vorhersage für Paarproduktion von Z-Bosonen am LHC mit zuvor unerreichter Präzision berechnet
07.08.2014
Wissenschaftlern an den Instituten für Physik der Universität Zürich und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist die Berechnung einer besonders genauen Modellvorhersage für einen wichtigen Streuprozess am Large Hadron Collider (LHC) gelungen: der Paarproduktion von Z-Bosonen. Hierfür wurden neue analytische Methoden entwickelt, die auf modernen mathematischen und computeralgebraischen Techniken beruhen. "Unsere Methoden erlauben eine Vielzahl präziser und detaillierter Vorhersagen für die derzeit häufig diskutierte Paarproduktion von Z- und W-Bosonen", erklärt Dr. Andreas von Manteuffel vom Institut für Physik der JGU. Insbesondere seien diese genauen Vorhersagen notwendig, um in diesen Prozessen mögliche Effekte sogenannter neuer Physik jenseits des Standardmodells zu entdecken. Das Standardmodell der Teilchenphysik kann fast alle physikalischen Beobachtungen beschreiben, allerdings hat es Lücken, weshalb weltweit nach neuer Physik gesucht wird.
Am LHC, einem großen Beschleunigerring am europäischen Forschungszentrum CERN bei Genf, werden stark beschleunigte Protonen zur Kollision gebracht und die dabei entstehenden Teilchen genau vermessen. Ziel dieser Streuexperimente ist es, die fundamentalen Bestandteile der Materie und ihre Wechselwirkungen zu verstehen. Dabei spielen die Austauschteilchen der schwachen Kernkraft, die Z- und W-Bosonen, eine wichtige Rolle. Paare dieser Teilchen treten beispielsweise in Zerfällen des kürzlich entdeckten Higgs-Bosons auf.
Präzisionsberechnungen für solche Prozesse im Rahmen der Störungstheorie können mithilfe sogenannter Schleifendiagramme durchgeführt werden, wobei die Genauigkeit, aber auch die Schwierigkeit der Rechnung mit der Anzahl der Schleifen pro Diagramm zunimmt. Für die Auswertung der Zwei-Schleifen-Beiträge wurden analytische Methoden und Computerprogramme entwickelt, die starken Gebrauch von symbolischen Algebrasystemen machen. Die auftretenden speziellen mathematischen Funktionen, sogenannte multiple Polylogarithmen, wurden mit neuen Algorithmen auf Basis des Koprodukts behandelt. Mit der Kombination dieser verschiedenartigen Techniken wurde eine Grundlage geschaffen, die auch für andere Streuprozesse Vorhersagen mit einer viel höheren Präzision erlauben, als dies bisher möglich war.
Die Arbeit entstand in einer internationalen Kollaboration im Rahmen des Mainzer Exzellenzclusters "Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter" (PRISMA) und der Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Thomas Gehrmann, Prof. Dr. Stefano Pozzorini und Dr. Massimiliano Grazzini aus Zürich.