Johannes Gutenberg-Universität Mainz erhält neuen Sonderforschungsbereich "Nanodimensionale polymere Therapeutika für die Tumortherapie"

Mainzer Chemiker und Mediziner entwickeln nanopartikelbasierte Tumorimmuntherapie

27.05.2013

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) einen neuen Sonderforschungsbereich "Nanodimensionale polymere Therapeutika für die Tumortherapie" (SFB 1066) ein. In diesem Sonderforschungsbereich, der mit rund elf Millionen Euro auf vier Jahre gefördert wird, soll ab Oktober 2013 eine nanopartikelbasierte Tumortherapie gegen das Melanom als immunogenen Modelltumor entwickelt werden. Die Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fokussieren dabei auf eine Tumorimmuntherapie, die besonders geeignet ist, auch minimale Resterkrankungen, etwa versteckte Metastasen, dauerhaft zu eliminieren. Den neuen SFB charakterisiert dabei insbesondere seine Interdisziplinarität: Chemiker befassen sich sowohl mit der synthetischen Machbarkeit als auch mit den Struktur-Eigenschaftsbeziehungen der Trägermaterialien, während Immunologen und Biomediziner Konzepte zur optimalen Einsetzung solcher Träger entwickeln – im Sinne einer Kombinationstherapie zur Aktivierung des Immunsystems gegen den Tumor. Sprecher des neuen DFG-Sonderforschungsbereichs ist Prof. Dr. Rudolf Zentel vom Institut für Organische Chemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, stellvertretende Sprecher sind Prof. Dr. Stephan Grabbe von der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz und Prof. Dr. Katharina Landfester vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz. Dem Vorstand gehören darüber hinaus Prof. Dr. Detlef Schuppan von der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz und als Vertreter des wissenschaftlichen Nachwuchses Dr. Mathias Barz vom Institut für Organische Chemie der JGU an.

Die Kombination der Expertise der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung als einer der führenden Polymerchemie-Standorte in Deutschland mit der ebenfalls exzellenten Forschungsstruktur auf dem Gebiet der Tumorimmuntherapie der Universitätsmedizin Mainz ermöglicht es, diese Thematik in großer Breite zu bearbeiten. "Mit dem neuen Sonderforschungsbereich werden diese in der Forschung sehr starken Bereiche zusammengeführt, um einerseits den Naturwissenschaftlern neue Herausforderungen im Bereich der Medizin zu eröffnen und andererseits die medizinische Forschung stärker naturwissenschaftlich auszurichten", erklärt der Sprecher des Sonderforschungsbereichs, Prof. Dr. Rudolf Zentel. "Forscher aus der Chemie werden gemeinsam mit Immunologen und Biomedizinern neuartige, multifunktionelle nanodimensionale Therapeutika entwickeln, um Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen möglichst zellspezifisch freizusetzen und auch empfindliche Wirkstoffe, zum Beispiel RNA, therapeutisch einsetzbar zu machen. In stark interdisziplinärer Weise werden wir innovative Therapieansätze aus Immunologie und Onkologie mit der Synthese einer großen Breite von gut charakterisierten und geeignet funktionalisierten polymerer Nanopartikeln und einer sauberen physikochemischen Charakterisierung im biologischen Umfeld kombinieren."

Aufseiten der Chemie geht es dabei um die Synthese wohldefinierter polymerer Trägersysteme, ihre Modifizierung, Funktionalisierung und Beladung mit geeigneten Wirkstoffen. Darauf aufbauend erfolgt die Erprobung der Trägersysteme in den Querschnittsprojekten bezüglich Wechselwirkungen in extrazellulären Medien, Zellaufnahme und Körperverteilung. "Von biomedizinischer Seite aus werden diese Systeme dann in einer kombinierten Tumorimmuntherapie erprobt, die auf der gezielten Induktion einer Entzündung im Tumor, der Stimulation der Immunantwort und auf der Neutralisation von Tumortoleranz beruht", so Prof. Dr. Stephan Grabbe, Direktor der Hautklinik der Universitätsmedizin Mainz.

"Dieser Sonderforschungsbereich resultiert aus den jahrzehntelangen exzellenten Forschungsleistungen der Mainzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Chemie und Medizin und bestätigt die Schwerpunkt- und Profilbildung in Wissenschaft und Forschung an unserer Universität", gratuliert der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Georg Krausch, den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Mainz zeichnet sich aufbauend auf die lange bestehenden Aktivitäten im Bereich der Polymerforschung und den derzeitigen SFB 625: "Von einzelnen Molekülen zu nanoskopisch strukturierten Materialien" durch große Kompetenz in der Herstellung und physikochemischen Charakterisierung von nanopartikulären Systemen aus. Dies ermöglicht es, unterschiedliche engverteilte funktionelle Polymerstrukturen herzustellen und ihre Aggregatbildung im biologischen Kontext zu untersuchen. Hinzu kommt eine hohe Naturstoffkompetenz im Bereich der Organischen Chemie, die über das Naturstoffsynthesezentrum, unterstützt vom Land Rheinland-Pfalz und BASF sowie Boehringer Ingelheim, gefördert wird und Erfahrungen im Bereich von Linkern und Erkennungsstrukturen beisteuert sowie eine Radiopharmazie mit hervorragenden chemischen Arbeitsmöglichkeiten, z.B. im Bereich der Markierungschemie und in vivo-Imaging durch PET im Institut für Kernchemie. Das Max-Planck-Institut für Polymerforschung ist ebenfalls kompetenter Partner in der Synthese und der Charakterisierung polymerer Träger.

Die Universitätsmedizin Mainz verfügt über einen etablierten Schwerpunkt in der Immunologie mit Erfahrung in der Immuntherapie sowie ein neu eingerichtetes Zentrum für translationale Onkologie (TRON) in Kombination mit Firmenausgründungen wie GANYMED, die Antikörper gegen Tumore zur Verfügung stellen können. Generell hat die Grundlagenforschung in der Tumorimmunologie mit der Entwicklung neuer Konzepte in der Tumorimmuntherapie bis hin zur Durchführung von klinischen Studien mit dem Schwerpunkt auf dem Melanom eine langjährige Tradition in der Universitätsmedizin Mainz, z.B. im Sonderforschungsbereich 432 mit der Tumorimmunologie und experimentellen Therapie als Schwerpunkt. Zudem fördert das Naturwissenschaftlich-Medizinische Forschungszentrum (NMFZ) unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Grabbe seit mehr als 30 Jahren derartige Kooperationen zwischen der Medizin und den naturwissenschaftlichen Bereichen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

"Dieser Sonderforschungsbereich zeigt, dass es sich lohnt, den Aufbau starker Netzwerkstrukturen am Standort Mainz und in der Region zu fördern. Das Konzept des SFB ist vielversprechend, weil erste Erfolge gerade auch in der Melanomtherapie belegen, dass dieses Behandlungskonzept dazu beitragen kann, bislang nicht heilbare Krebserkrankungen in Zukunft erfolgreich zu therapieren", unterstreicht der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Förstermann.