Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz mit Hermann-Rein-Preis 2012 ausgezeichnet

Christoph Reinhardt überzeugt mit Forschungsarbeit über unerwartete Funktionen des Gerinnungssystems

08.10.2012

Dr. Christoph Reinhardt, Biochemiker und Leiter einer Nachwuchsgruppe am Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz, ist für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Forschung in Mikrozirkulation und vaskulärer Biologie mit dem Hermann-Rein-Preis 2012 ausgezeichnet worden. Er erhielt die mit 2.000 Euro dotierte Auszeichnung für die im März in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Arbeit "Tissue Factor and PAR1 promote microbiota-induced intestinal vascular remodelling". Die Forschungsergebnisse sind für das Verständnis der Wechselwirkung von Bakterien mit dem menschlichen Organismus sehr wichtig und ein Ergebnis der medizinischen Grundlagenforschung.

Die in Nature veröffentlichte Publikation befasst sich mit der Entdeckung eines neuartigen Mechanismus, der zur Bildung von Blutgefäßen im Darm beiträgt. Dieser Mechanismus könnte sowohl bei der Absorption von Nährstoffen als auch bei verschiedenen Darmerkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Die Arbeit von Christoph Reinhardt beschreibt, wie die kommensale Darmflora über Gerinnungsfaktor-abhängige Signalwege zur Ausbildung von Kapillargefäßen in den Villusstrukturen des Dünndarms beiträgt. Die Forschungsergebnisse könnten in Zukunft zur Entwicklung neuer Behandlungsstrategien bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und auch Fettleibigkeit beitragen.

Der Hermann-Rein-Preis gilt als einer der renommiertesten Preise der experimentellen oder klinischen Forschung auf dem Gebiet der Mikrozirkulation und Gefäßbiologie in Deutschland. "Der Preis ist eine hohe Anerkennung für Dr. Christoph Reinhardt. Für das CTH ist die Auszeichnung zugleich ein Beweis dafür, dass die konsequente Karriereförderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern erste sichtbare Erfolge zeigt", erklärt Magnus M. Gees, Verwaltungsdirektor des CTH. Auch der Wissenschaftliche Direktor des CTH, Prof. Dr. Ulrich Walter, freut sich über den Preis: "Es ist besonders wichtig, jungen Forschern ein ideales Umfeld für ihre wissenschaftliche Entwicklung bieten zu können. Die Forschungsergebnisse von Dr. Christoph Reinhardt zeigen eindrucksvoll, dass unser Förderkonzept funktioniert." Das CTH strebt als Modellzentrum für Integrierte Forschung und Behandlung insbesondere die Förderung von Karriereprogrammen und Klinischen Studien an.

Bisher ist nicht bekannt, wie genau die Darmflora, also die Gesamtheit der Mikroorganismen, die den Darm besiedeln und die nach der Geburt gebildet wird, die Bildung neuer Blutgefäße in den Darmzotten fördert. Die neue Studie des internationalen Forscherteams mit dem Erstautor Dr. Christoph Reinhardt (CTH) unter Leitung von Prof. Fredrik Bäckhed von der Universität Göteborg zeigt erstmals, dass dies über die Aktivierung des Gerinnungssystems geschieht. Im Detail haben die Forscher mehrere Faktoren identifiziert, die an diesem Mechanismus beteiligt sind. Einer von ihnen ist der sog. Tissue Factor oder auch Gewebethromboplastin: Dieser ist das Starterprotein der plasmatischen Blutgerinnung und wird auch von den Epithelzellen im Darm gebildet.

Das internationale Forscherteam aus Deutschland, Schweden, Dänemark und den USA hat ebenfalls herausgefunden, dass die Darmbakterien nicht nur die Gefäßbildung, sondern auch die Struktur der Darmzotten über Gerinnungsfaktor-abhängige Signalmechanismen verändern: Die Darmzotten vergrößern die Oberfläche der Darmschleimhaut und maximieren die Absorption von Nährstoffen. In Gegenwart von Mikroorganismen werden die Zotten kürzer und breiter, was bedeutet, dass neue Blutgefäße gebildet werden müssen.