Was Kochen mit Laborarbeit verbindet: Praktischer Biologie- und Chemieunterricht mit hohem Alltagsbezug

Lehramtsstudierende aus Frankfurt und Mainz erproben gemeinsam mit Wiesbadener Schulklasse neue Unterrichtskonzepte rund um Käse- und Brotherstellung, Konservierung von Lebensmitteln, kohlensäurehaltige Getränke und alternative Fleischprodukte

27.06.2025

Naturwissenschaften wie Biologie und Chemie gelten im Schulalltag häufig als theorielastig und anwendungsfern. Dabei bieten sie bei guter didaktischer und methodischer Aufbereitung vielfältige Anknüpfungspunkte an die Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern. Dies gilt insbesondere, wenn im Unterricht die Möglichkeit gegeben wird, thematisches Wissen über Fachgrenzen hinweg zu vermitteln. Vor diesem Hintergrund haben Studierende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Partneruniversitäten im Verbund der Rhein-Main-Universitäten (RMU), im Sommersemester 2025 das Seminar "Kochen aus Sicht des Biologie- und Chemieunterrichts" konzipiert und umgesetzt. "Wir haben das Kochen genutzt, um Neugier zu wecken, Hemmschwellen abzubauen und ein tieferes Verständnis für Biologie und Chemie im Alltag zu fördern", beschreibt Ruth Bier von der AG Didaktik der Biologie der JGU die Idee des Projekts. Höhepunkt der Kooperation der Mainzer Arbeitsgruppe mit dem Institut für Didaktik der Chemie der Goethe-Universität Frankfurt war ein gemeinsamer Projekttag mit Schülerinnen und Schülern der Elisabeth-Selbert-Schule in Wiesbaden.

Wissensvermittlung alltagrelevant und handlungsorientiert

In den vergangenen Wochen haben sich JGU-Studierende des Lehramt-Masterstudiengangs Biologie und Kommilitoninnen und Kommilitonen des Studiengangs Lehramt Chemie aus Frankfurt in gemischten Teams mit fünf Themen mit hohem Alltagsbezug beschäftigt. Dabei haben sich die Studierenden im Semesterverlauf nicht nur digital ausgetauscht, sondern haben sich auch in Mainz und Frankfurt getroffen, um ihre Ideen gemeinsam weiterzuentwickeln und in der Praxis zu erproben. Entstanden sind fünf Stationen, die ganz unterschiedliche Fragen beantworten: Worin unterscheiden sich Backpulver, Hefe und Sauerteig beim Brotbacken – und wie schmeckt das jeweils gebackene Brot? Welche Möglichkeiten der Käseherstellung gibt es? Aufgrund welcher biologischen und chemischen Prozesse funktioniert das Konservieren von Lebensmitteln wie Marmelade oder Kimchi hergestellt? Wie werden alkoholfreie prickelnde Getränke hergestellt? Und schließlich: Was braucht es, um vegane Burger-Pattys aus ganzen Erbsen oder isoliertem Erbsenproteinpulver selbst herzustellen und wie schmecken sie?

"Anhand ganz konkreter Alltagsfragen möchten wir jungen Menschen aufzeigen, wie spannend Naturwissenschaften sind – und wie eng Ernährung, Umweltbewusstsein und Wissenschaft zusammenhängen", betont Ruth Bier. Denn das Thema Fleischproduktion und -verzehr sowie umweltschonendere Alternativen ist Gegenstand aktueller Diskussionen rund um eine nachhaltige Ernährung und zukunftsfähige Landwirtschaft.

RMU-Kooperation bereits zum vierten Mal

Bereits zum vierten Mal findet diese Kooperation im Rahmen der strategischen Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU) statt. Dass sie für alle Beteiligten ein absoluter Gewinn ist, sowohl thematisch als auch von der Durchführung her, darin sind sich Prof. Dr. Daniel Dreesmann, Leiter der AG Didaktik der Biologie der JGU, und Prof. Dr. Arnim Lühken, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Didaktik der Chemie der Goethe-Universität, sicher. "Mit der Zubereitung von Nahrung beginnt die Kulturgeschichte der Menschheit. Und die Küche ist dabei immer schon ein Ort der Naturwissenschaft", so Prof. Dr. Arnim Lühken zum Seminarschwerpunkt im laufenden Semester. Auch Alfred Bonk, Biologielehrer an der Elisabeth-Selbert-Schule, unterstützt das Konzept des Seminars: "Für umfassende Bildung sind Projekte mit externen Anbietern für uns sehr wichtig, weil sie Möglichkeiten schaffen, die wir selbst nicht oder nur mit großem Aufwand bieten könnten." Beim aktuellen Projekt sei die Verzahnung von Unterricht und Alltag der Schülerinnen und Schüler ein weiterer wichtiger Aspekt.

Die Wiesbadener Neuntklässler und die Studierenden haben den Aktionstag rund ums Kochen auf dem Gutenberg-Campus sehr gut angenommen und genutzt. "Es gibt keinen besseren und schöneren Ort, Naturwissenschaften zu erleben als die Küche! Es war großartig zu sehen, wie das bei dieser Veranstaltung den Studierenden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern gelungen ist", betont Prof. Dr. Arnim Lühken. "Wir werden die gemeinsame Lehre in jedem Fall fortsetzen und unseren Studierenden in Mainz und Frankfurt die sicher einmalige Gelegenheit in ihrem Lehramtsstudium geben, nicht nur gemeinsam an einem fächerverbindenden Unterrichtsprojekt zu arbeiten, sondern auch die jeweils andere Universität besser kennenzulernen", ergänzt Prof. Dr. Daniel Dreesmann.