Von (musikalischen) Attacken, lang bestehenden Partnerschaften und zum Greifen nahen Gründervätern

Eintrag vom 8. Oktober 2011

Am 6. Oktober überschritten wir das 1. Mal die Grenzen nach West Virginia und Maryland. In eisiger Morgenkälte, aber bei klarem blauem Himmel ging es los nach Harper's Ferry, ein Ort, der seit 1944 Teil des Harpers Ferry National Historical Parks ist. Auf dem Weg dorthin hörten wir zur Auffrischung unserer Kenntnisse im Bus ein kurzes Referat über die historische Bedeutung dieses Ortes, über die wir bereits im vorbereitenden Seminar im letzten Sommersemester vieles gelernt hatten. Im Nationalpark brachte uns ein Shuttlebus, der uns mit entsprechender musikalischer Untermalung ("Take me back to Harper’s Ferry") auf die kommenden Eindrücke einstimmte, hinab ins Tal. Auf den Spuren von Thomas Jefferson und John Brown ("John Brown’s body lies a-mouldering in the grave") genossen wir die idyllische Aussicht auf den Zusammenfluss des Potomac River mit dem Shenandoah River. Harper’s Ferry selbst ist eine beschauliche Kleinstadt mit wechselvoller Geschichte, die uns gänzlich begeisterte. Hier passierte das im wahrsten Sinne des Wortes zündende Ereignis, das zum Civil War führte: John Brown attackierte die kleine Stadt im Jahr 1859, um das dortige Waffenlager zu plündern und der afroamerikanischen Bevölkerung zur Freiheit zu verhelfen. Er blieb erfolglos, seine Attacke wird jedoch als Katalysator für den Civil War betrachtet.

Ausblick von Jefferson Point, Harper’s Ferry
Foto: Miriam Strieder

Nach 20 weiteren Meilen Busfahrt erreichten wir Frederick und das Hood College. Mit dieser Bildungseinrichtung unterhält die Amerikanistik der JGU schon seit langer Zeit eine intensive Partnerschaft. Dort machten wir Bekanntschaft mit Dozenten und Studierenden, v.a. aus dem German House. Es begleitete uns u.a. ein Student der JGU, der als Teaching Assistant am Hood College arbeitet. Nach einer Tour über den wirklich schönen Campus besichtigten wir das Schifferstadt Architectural Museum – eine ehemalige Farm deutscher Einwanderer aus Schifferstadt in der Nähe von Speyer. Hier erhielten wir auch Einblicke in den Alltag der Menschen, die vor 250 Jahren dieses Haus bewohnten. Nach einem schnellen Abendessen machten wir uns auf den Weg zurück nach Winchester, wo wir zur Premiere des Musicals "The Boyfriend" eingeladen waren. Das Stück wurde nicht nur komplett von Studenten der Shenandoah University aufgeführt, sondern auch Bühnenbild, Kostüme und Requisiten wurden von ihnen hergestellt – wir waren mehr als begeistert von der enormen Professionalität der Darstellung.

Foto: Anna Katharina Sinn Foto: Miriam Strieder

Am nächsten Tag begaben wir uns erstmals auf die Spuren der Founding Fathers. Zuerst ging es zum amerikanischen "Nationalheiligtum" Mount Vernon, dem Anwesen von His Excellency George Washington, General der amerikanischen Truppen im Unabhängigkeitskrieg (1775-1783) und 1. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Dort bekamen wir eine straff organisierte Führung durch das Haus und spazierten über die Ländereien, die direkt an den Potomac River grenzen.

Nach einem Picknick fuhren wir weiter zur weitaus weniger von Besuchern bevölkerten Gunston Hall, Wohnsitz von George Mason, der auch als "Forgotten Founder" bekannt ist. Er war der Verfasser der "Virginia Bill of Rights", die Thomas Jefferson zum Wortlaut der Unabhängigkeitserklärung inspiriert hatte, und setzte sich u.a. dafür ein, eine allgemeine Grundrechtscharta in die Verfassung zu integrieren. Als dies von der Mehrheit der Delegierten abgelehnt wurde, weigerte er sich, ganz nach dem Motto "It’s my way or the highway", die Declaration of Independence zu unterschreiben. Die Idee einer generellen "Bill of Rights" wurde später von James Madison, dem 4. Präsident der Vereinigten Staaten, umgesetzt.

Ein Kontrastprogramm für den Abend boten zwei zwar intellektuell weniger anspruchsvolle, aber dennoch für die aktuelle Kultur der Amerikaner sehr wichtige Alternativen: Der Besuch eines American-Football-Spiels zweier rivalisierender Highschoolteams oder eine Stippvisite in der nahegelegenen Shopping-Mall in Winchester.

Mount Vernon
Foto: Karl Ortseifen
Gunston Hall
Foto: Julia Figaj

Autorinnen: Ariane Löffelhardt, Anna Katharina Sinn, Miriam Strieder, Ana Volkland

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