Biologiedidaktiker entwickeln im Projekt "Hallo Hummel!" neue Unterrichtsmaterialien
17.05.2018
Schülerinnen und Schüler besitzen nur ein sehr begrenztes Wissen über Hummeln. Und dies, obwohl diesen wildlebenden Bienenarten eine wichtige Rolle als Blütenbestäuber zukommt. Gerade im Frühling zählen sie zu den ersten Insekten, die sich auf die Suche von Nektar und Pollen begeben – und nebenbei für die Kirsch- oder Apfelernte des Jahres sorgen.
In ihrer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Insects erschienen ist, kommen Biologiedidaktiker der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zu dem Ergebnis, dass die von ihnen befragten Schülerinnen und Schüler durchschnittlich nur weniger als die Hälfte aller Fragen zu Hummeln korrekt beantworten konnten. An der Umfrage haben fast 900 Schüler mehrerer Gymnasien in Mainz und Umgebung im Alter von 9 bis 20 Jahren teilgenommen. Die Fragen erstreckten sich auf ein breites Spektrum rund um das Thema Hummeln: Neben Aussehen und Körperbau widmete sich der für die Studie neu entwickelte Fragebogen auch ihrer Lebensweise sowie der Rolle von Hummeln in der Natur.
"Wir waren schon etwas überrascht, dass weniger als ein Drittel der Fragen zum Körperbau der Hummeln und ihrem Kolonieleben korrekt beantwortet wurden, und das obwohl die Befragten Hummeln gut von anderen Insekten unterscheiden konnten", erläutert Anne-Kathrin Sieg, die als Doktorandin in der AG Didaktik der Biologie die Umfrage mit Unterstützung eines Bachelorstudenten durchgeführt hat. Sie nennt als Beispiel, dass weniger als drei Prozent der Schüler die Position der Beinpaare korrekt in einen Hummelkörper einzeichnen konnten. "Immerhin wussten aber etwas mehr als zwei Drittel der Befragten, dass Hummeln als Insekten drei Beinpaare haben!", so Sieg weiter. Ähnlich verhielt es sich mit einem hartnäckigen Gerücht, dass Hummeln im Unterschied zu Honigbienen nicht stechen können. Dies glaubten nahezu drei Viertel der Schülerinnen und Schüler zu wissen. Nur ein knappes Viertel wählte die richtige Antwort aus, dass Hummeln sehr wohl in der Lage sind zu stechen.
Der Rückgang von Insekten und damit auch Bestäubern ist derzeit alarmierend. Neben dem Verschwinden der Artenvielfalt hat der Rückgang an Bestäubern nicht nur dramatische ökologische, sondern auch gravierende ökonomische Folgen. Immerhin wurden Fragen zur Ökologie und solche, die unsere Lebensmittelproduktion betreffen, mit durchschnittlich 55 Prozent korrekt beantwortet. "Das Schicksal von Wildbienen und allen voran unseren einheimischen Hummelarten kann uns als Biologen nicht gleichgültig sein", erläutert Prof. Dr. Daniel Dreesmann, Leiter der AG Didaktik der Biologie. Denn etwa drei Viertel der Nutzpflanzen seien von der Bestäubung abhängig. Der weltweite Wert der Bestäubung für die kommerzielle Nahrungsmittelproduktion wird auf etwa 350 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt. "Wir kennen alle die Bilder aus China, wo Menschen in Bäumen als Blütenbestäuber fungieren", erläutert Dreesmann weiter und fügt hinzu, dass für ein Verständnis des Insekten- und vor allem des Bienensterbens Wissen über den Nutzen von Bestäubern wie Hummeln essentiell ist. Und dieses sollte bereits in der Schule vermittelt werden.
In ihrem Projekt "Hallo Hummel!" möchte Anne-Kathrin Sieg die Ergebnisse der Studie nun in die Entwicklung von neuen Konzepten und Materialien für den Biologieunterricht einfließen lassen. "Nur was man kennt, das kann auch als schützenswert wahrgenommen werden", fasst sie die Idee von "Hallo Hummel!" zusammen. Bei dem dreijährigen Projekt werden Schülerinnen und Schüler grundlegende Kenntnisse von Bestäubern wie Hummeln erwerben und dabei auch erfahren, wie sich ihr eigenes Verhalten auf die Umwelt auswirken kann.