Neue Emmy Noether-Nachwuchsgruppe erforscht Besonderheiten in der Struktur von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten

Ziel der DFG-geförderten Forschergruppe ist Entwicklung neuer mathematischer Methoden zur Ergründung dreidimensionaler Calabi-Yaus

30.09.2015

Mit seiner neuen Emmy Noether-Nachwuchsgruppe will Dr. Helge Ruddat vom Institut für Mathematik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) die Struktur von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten erforschen. Die nach den Mathematikern Eugenio Calabi und Shing-Tung Yau benannten Mannigfaltigkeiten sind eine bedeutende geometrische Klasse mit weitreichenden Beziehungen und Anwendungen in der theoretischen Physik, insbesondere der Stringtheorie, und vielen Teilgebieten der Mathematik. Die bekanntesten Vertreter von Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten sind die in der Kodierungstheorie eingesetzten elliptischen Kurven. Trotz neuem Strukturverständnis innerhalb der letzten Jahrzehnte – angestoßen durch die Stringtheorie der mathematischen Physik – sind viele Fragen über dreidimensionale Calabi-Yaus bislang ungeklärt. Manche Physiker fantasieren sogar, dass die weitergehende Forschung auf diesem Gebiet zu einem tieferen Verständnis von Wurmlöchern im Universum beitragen könnte. Ruddats Forschung zielt darauf, eine Methodik zu entwickeln, die Antworten auf zentrale offene Fragen ermöglicht, etwa ob es unendlich viele Deformationstypen gibt, in welchem Umfang Spiegelsymmetrie gilt oder ob extremale Übergänge alle Deformationstypen verbinden.

Die wohl faszinierendste Entdeckung bezüglich der Calabi-Yaus ist die sogenannte Spiegelsymmetrie: Calabi-Yau-Räume treten in Spiegelpaaren auf. Eine zentrale Rolle bei dieser Paarbeziehung spielen Entartungen. Zudem gibt es interessante geometrische Übergänge, die aus einer Calabi-Yau eine andere machen, indem höherdimensionale Sphären durch niederdimensionale ersetzt werden. Es steht die Vermutung offen, ob auf diese Weise womöglich alle Calabi-Yaus verbunden sind.

Um neue Erkenntnisse über Calabi-Yaus zu gewinnen, will Dr. Helge Ruddat mit seiner Emmy Noether-Nachwuchsgruppe neue Mathematik für das Studium von Entartungen entwickeln. Dabei spielen logarithmische Strukturen eine zentrale Rolle. Entsprechend wird die Entartung so kontrolliert vorgenommen, dass die gravierendste Form von Singularitäten logarithmische Pole sind. Die resultierenden log Calabi-Yau-Räume verraten sehr viel über die ursprüngliche Geometrie vor der Entartung. Neuere Erkenntnisse zeigen sogar, dass sich die glatte Geometrie eindeutig aus der entarteten log Calabi-Yau reproduzieren lässt. Auf diese Weise lassen sich womöglich neue Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten finden oder bestehende besser verstehen.

Die neue Forschungsgruppe, die der Arbeitsgruppe Algebraische Geometrie am Institut für Mathematik angegliedert ist, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den kommenden Jahren finanziell gefördert. Mit dem Emmy Noether-Programm möchte die DFG jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Weg zur wissenschaftlichen Selbstständigkeit eröffnen, indem die Forscher eine Nachwuchsgruppe leiten und sich damit die Befähigung zum Hochschullehrer aneignen. Die Gruppe wird in der Regel über fünf Jahre gefördert. Dr. Helge Ruddat hat in den letzten Jahren als Stipendiat der Carl-Zeiss-Stiftung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz geforscht, seit Juni 2015 ist er im Rahmen des Emmy Noether-Programms an der JGU tätig.