Mit individualisierten Standardprodukten zum Erfolg

Untersuchung der Produktindividualisierung für Konsumenten

15.04.2009

Steigender Preisdruck, Marktsättigung und homogene Produktportfolios: Für Unternehmen wird es immer schwerer, sich im Markt zu behaupten und von der Konkurrenz abzuheben. Ein Lösungsansatz ist, das Bedürfnis der Kunden nach individueller Lebensweise ohne klare Klassen- oder Schichtenzugehörigkeit in den Fokus zu rücken. Gefragt sind deshalb Produkte, die die preislichen Vorzüge einer Massenproduktion und die Möglichkeit der individuellen Anpassung vereinen. Die sogenannte Mass Customization als innovative Produktionsform verbindet diese beiden Vorteile. Den Wert dieser Art von Produktindividualisierung für den Konsumenten untersuchte das Team um Prof. Dr. Frank Huber an der Gutenberg School of Management and Eonomics der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in einer aktuellen Studie.

Produkte nach Maß von der Stange

Mass Customization bezeichnet eine Fertigungsmethode, bei der ein Produkt vom Kunden mittels Modulbauweise individualisiert und dennoch zum Preis eines vergleichbaren Standardprodukts angeboten werden kann. Prof. Dr. Frank Huber erklärt: "Der Spagat zwischen niedrigen Herstellungskosten und Einzelfertigung erschien früher unmöglich. Heute sorgen Informations- und Kommunikationstechnologien wie Produktkonfiguratoren dafür, dass das für den Käufer optimale Produkt mit den Fähigkeiten des Unternehmens zusammengebracht werden kann." Das Ziel der Studie war es zu prüfen, welchen Wertzuwachs ein Konsument aus individualisierten Produkten zieht und ob die Verbraucher bereit sind, einen höheren Preis dafür zu zahlen.

Empfundener Nutzen steht im Vordergrund

Befriedigt ein individualisiertes Produkt verschiedene Nutzendimensionen für den Konsumenten, so misst er ihm einen hohen Wert zu. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass insbesondere der hedonistisch-sinnliche Nutzen Hauptgrund für einen hohen wahrgenommenen Wert ist. "Die Freude an einem individuellen Produkt und der Spaß, den der Kunde bei einer Konfiguration erlebt, sind maßgeblich für den zugemessenen Wert", erläutert Huber. Aber auch die über die Individualisierung entstehende Funktionalität und die Möglichkeit zur Selbstdarstellung tragen zum wahrgenommenen Wert des Produkts bei. "Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass ein hoher wahrgenommener Produktwert zu einer erhöhten Preisbereitschaft und gesteigerten Kaufabsicht führt", so Huber. Er resümiert weiter: "Dieses Konsumpotenzial gilt es für die Unternehmen beim Kunden freizusetzen."

Hohes Involvement und niedriger Aufwand führen zum Erfolg

Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass die Stärke des Individualisierungswunschs zu einem hohen wahrgenommenen Wert des Produkts führt, aber nicht, wie zunächst angenommen, den subjektiv empfundenen Aufwand reduziert. Der Aufwand wirkt allerdings auf den wahrgenommenen Wert des Produkts ein: "Dies heißt für die Praxis, dass ein Konfigurationsprozess implementiert werden muss, der den Aufwand für den Nutzer so niedrig wie möglich hält, um den Erfolg des Konzepts zu gewährleisten", so Huber. In diesem Zusammenhang steht auch das Involvement des Kunden, der den Individualisierungsaufwand umso geringer empfindet, je mehr er in die entsprechende Produktklasse involviert ist.

Individualität, aber nicht um jeden Preis

Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie liegt darin, dass für den Konsumenten der Produktnutzen und nicht der Individualisierungsnutzen im Vordergrund steht. Huber verdeutlicht: "Kunden suchen in verstärktem Maße Leistungen, die genau auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet sind. Sie bezahlen aber nicht für eine Individualität per se, sondern letztlich nur für eine Leistung, die auch unmittelbaren Nutzen stiftet." Auch das wahrgenommene Risiko beim Kauf eines individualisierten Produkts wurde in der Studie untersucht. Die Überprüfung erfolgte mittels Untersuchung von zwei Produktkategorien, wobei beim Kauf eines Autos das wahrgenommene Risiko deutlich höher ist als beim Kauf von Sportschuhen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Konsumenten bei Autos dem wahrgenommenen Aufwand einer Individualisierung eine große Bedeutung für den wahrgenommenen Wert des Produkts beimessen, während dies bei Sportschuhen keine Rolle spielt. Der Bedeutung des Nutzens aus der Individualisierung für den wahrgenommenen Wert eines Produkts beschränkt sich in der Produktkategorie Autos auf den hedonistischen, während die Konsumenten hinsichtlich der Funktionalität und Außenwirkung unsicher zu sein scheinen. Bei Sportschuhen sind sämtliche Nutzenarten von Bedeutung.

Aufbau der Studie

In der durchgeführten Online-Befragung wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer von zwei verschiedenen Fragebögen, zum Thema Autos bzw. zum Thema Sportschuhe, präsentiert. Insgesamt nahmen 369 Probanden im Alter zwischen 20 und 30 Jahren an der Befragung teil. Die Verteilung von Männern und Frauen liegt bei 60 zu 40 Prozent.